Rückschlag für Trump
Leitartikel von Michael Backfisch zu den US-Zwischenwahlen
Berlin (ots)
Das hatte sich Donald Trump völlig anders vorgestellt. Bei den Midterm-Wahlen zum US-Kongress sah er seine Republikaner auf einem Triumphzug. Über beide Parlamentskammern würde eine "rote Welle" schwappen - mit einer satten Mehrheit für die eigene Partei, sagte er großmäulig voraus. Und klar, wem dieser glänzende Sieg zu verdanken sei: ihm, dem Ex-Präsidenten, der sich nach der "gestohlenen Wahl" von 2020 nun warmläuft für das Rennen ums Weiße Haus 2024.
Trump hatte sich vor den Zwischenwahlen mächtig ins Zeug gelegt und Wahlkampf für seine Kandidaten gemacht. Seine Choreographie war simpel: Die Republikaner fahren einen XXL-Erfolg ein, mit ihm als Galionsfigur. Für den 15. November hat er bereits "eine große Mitteilung" - die nur seine Präsidentschaftskandidatur sein kann - angekündigt. Der Amtsinhaber Joe Biden ist durch den Negativsog bei den Midterms politisch schwer beschädigt und wird im Kongress völlig blockiert, so das Trump-Narrativ.
Doch die Wahlergebnisse verhagelten Trump das Drehbuch. Bidens Demokraten sind bei den Midterms nicht abgesoffen. Normalerweise wird die Partei des Präsidenten bei derartigen Urnengängen abgestraft. Das schien dieses Mal umso wahrscheinlicher, als die amerikanische Wirtschaft durchhängt. Die hohen Energiepreise und die Inflation werden Biden angelastet. Dessen Popularitätswerte liegen zudem im Keller. Doch die Republikaner haben keinen Durchmarsch durch beide Parlamentskammern hingelegt. Das Ergebnis ist viel knapper als vorausgesagt.
Dies ist ein schwerer Rückschlag für Trump. Der große Polit-Zampano konnte zwar einige seiner Zöglinge bei den Midterms durchbringen, andere nicht. So verloren die Republikaner den wichtigen Senatssitz im Bundesstaat Pennsylvania gegen den demokratischen Anwärter John Fetterman, der kürzlich einen Schlaganfall erlitten hatte. Der Trump-Favorit, der TV-Doktor Mehmet Oz, zog den Kürzeren. Auch bei diversen Wahlen um Kongressmandate oder Gouverneursposten fielen die Trump-Leute durch.
Weiteres Ärgernis für den Ex-Präsidenten: Sein großer parteiinterner Rivale Ron DeSantis wurde mit 60 Prozent als Gouverneur des wichtigen "Swing States" Florida im Amt bestätigt. Der 44-Jährige, der seine Krisenmanagerqualitäten beim letzten Hurrikan "Ian" unter Beweis gestellt hatte, geht mit starkem Rückenwind aus der Wahl hervor. Er holte auch in demokratischen Hochburgen etliche Stimmen.
DeSantis hat zwar seine Präsidentschaftskandidatur für 2024 noch nicht publik gemacht. Aber seine Ankündigung aus der Wahlnacht - "ich habe erst angefangen zu kämpfen" - darf als klares Signal gewertet werden. Trump hat die Gefahr des potenziellen Konkurrenten gleich gewittert und ihm eine Schmutzkampagne angedroht.
Der Aufsteiger aus Florida ist zwar 32 Jahre jünger als Donald Trump, aber er ist ideologisch aus dem gleichen Holz geschnitzt. Auch er fährt gegenüber der Regierung in Washington einen Konfrontationskurs. So ließ er kürzlich rund 50 in seinem Bundesstaat gestrandete Migranten auf die bei Demokraten beliebte Ferieninsel Martha's Vineyard fliegen - eine knallharte Provokation gegen den Einwanderungskurs der Partei. DeSantis liebt den Bulldozer-Auftritt, ist aber nicht so narzisstisch wie Trump. Für viele Republikaner mag er eine attraktivere Alternative zu Biden und anderen potenziellen demokratischen Kandidaten darstellen. Der Oppositionspartei stehen harte interne Kämpfe bevor.
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