Berliner Morgenpost: Kommentar Europawahl
Berlin (ots)
Lamento, Lamento, was werden wir jetzt nicht alles hören über die Europawahl. Die Bürger straften ihre nationalen Regierungen ab; die EU, Brüssel, spielten kaum eine Rolle. In der Mehrheit sind die, die gar nicht wählen. In Deutschland stehen die generelle Zustimmung der Menschen zu Europa und ihr Desinteresse am Urnengang besonders krass gegeneinander. Eine Anti-EU-Partei wie in Polen, Großbritannien oder Österreich formiert sich trotzdem nicht. Denn die Deutschen wissen, was sie an der EU haben: einen der wenigen durchgehenden Stränge ihres Selbstverständnisses nach dem Zweiten Weltkrieg. Aber gerade weil die Einsicht in den Segen der europäischen Einigung nicht zur Abstimmung und schon gar nicht zur Disposition steht, blieben die Bürger daheim. Das mag man als Fehler der Wähler schelten, weil das Europaparlament mächtig ist. Wer aber den Wähler will, der muss sich trauen, ihn zu reizen. Der darf ihm nicht träge die Große Koalition der fast identischen Europapositionen vorsetzen, sondern etwas, zu dem er Ja oder Nein sagen muss. Dafür steht Gelegenheit an: die Verfassung der EU. Wer in Deutschland die Politiker für Europa kämpfen sehen will und den Wähler entscheiden, der muss die Verfassung einem Referendum unterwerfen. Jetzt.
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