Arbeitgeberverband HessenChemie
Tarifrunde der Chemie startet in Hessen
Realismus beim Entgelt - Flexibilität bei der Arbeitszeit
Wiesbaden (ots)
In Bad Homburg hat heute die Tarifrunde der chemischen Industrie begonnen. Die Forderung des Landesbezirks Hessen-Thüringen der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) nach 6,0 Prozent mehr Entgelt halten die Arbeitgeber für nicht realisierbar. Sie verweisen auf ein schwaches zweites Halbjahr 2011 und erhebliche Risiken im Jahr 2012. Neben dem Thema Geld wollen die Arbeitgeber vor allem über das Thema Demografie sprechen. Es geht ihnen um eine Verlängerung und Flexibilisierung der tariflichen Arbeitszeit, weil das Arbeitszeitvolumen in Zukunft auf immer weniger Köpfe verteilt werden muss.
"Die von der Gewerkschaft geforderte Erhöhung der Entgelte um 6 Prozent ist unrealistisch", erklärt der Verhandlungsführer der hessischen Arbeitgeber, Christoph Obladen. Der Arbeitgeberverband erwartet für die hessische Chemie in diesem Jahr eine Stagnation bei der Produktion. Der Chemie-Tarifabschluss 2012 müsse der konjunkturellen Abschwächung und den gestiegenen Risiken Rechnung tragen. Beispiele hierfür seien die Unsicherheit durch die Schuldenkrise, die hohe Volatilität der Märkte, stark gestiegene Rohstoffkosten und die steigenden Energiepreise. Die zahlreichen hessischen Pharmaunternehmen kämpfen zusätzlich noch mit den staatlichen Eingriffen. Die Inlandsumsätze seien deutlich geschrumpft. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen seien davon betroffen. Einen Nachholbedarf bei den Entgelten sieht Obladen nicht: "Mit dem deutschlandweit höchsten Tarifabschluss von 4,1 Prozent mehr Entgelt hatten die Beschäftigten 2011 ein deutliches Reallohnplus und das, obwohl seit Mitte 2011 die Wachstumsraten in den Keller gingen."
Für den Verhandlungsführer müsste viel mehr die Wettbewerbsfähigkeit der Branche im Blick behalten und der Tarifvertrag Lebensarbeitszeit und Demografie weiterentwickelt werden. "Hierzu ist ein Mentalitätswandel erforderlich", so Obladen, "es geht künftig nicht mehr darum, möglichst frühzeitig auszuscheiden, sondern möglichst lange leistungsfähig im Betrieb zu bleiben." Die Arbeitgeber möchten mehr Differenzierung und Flexibilisierung der Arbeitszeit. Die Beschäftigten sollen flexibler auf ihre unterschiedlichen Lebensphasen und die Unternehmen auf die schwankende Kapazitätsauslastung reagieren können. Neben einer Verlängerung der tariflichen Arbeitszeit geht es den Arbeitgebern auch darum, altersbezogene Tarifregelungen zu überprüfen. "Diese stammen aus einer Zeit, als man mehr Arbeitskräfte als Arbeit hatte", betont Obladen, "dies ändert sich aber bereits". Die demografische Entwicklung geht auch an der hessischen Chemie nicht vorüber. Schon heute ist der Fachkräftemangel für jedes zweite Unternehmen spürbar. Nach Verbandsberechnungen werden 2016 bereits 57 Prozent der Beschäftigten älter als 50 Jahre sein. Die durch Altersfreizeiten ausfallende Arbeitszeit entspricht dann ca. 2500 Vollzeitarbeitsplätzen und wird bis zum Jahr 2020 auf über 3000 ansteigen.
Nach der regionalen Verhandlung im Tarifbezirk Hessen werden die Gespräche zunächst auf regionaler Ebene weiter fortgesetzt. Dabei geht es Schlag auf Schlag: Rheinland-Pfalz (18. April), Nordrhein (19. April), Baden-Württemberg (20. April), Bayern (23. April), Nordost, Berlin West (24. April), Nord (24. April), Saarland (25. April) und Westfalen (26. April). Nach Abschluss der regionalen Runden werden die Verhandlungen Anfang Mai 2012 auf Bundesebene fortgeführt. Dann wird erstmals zentral für die 550.000 Beschäftigten in den 1.900 Betrieben der chemischen Industrie verhandelt.
In Hessen sind 229 Unternehmen der chemisch-pharmazeutischen Industrie mit 92.000 Beschäftigten durch eine Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband im Tarifvertrag gebunden.
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