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WAZ: Ende der Steinkohle Auf geht's in die Zukunft - Leitartikel von Thomas Wels
Essen (ots)
Der Ausstieg aus der subventionierten Steinkohle ist seit gestern Gesetz. Damit findet eine lange währende politische Auseinandersetzung um Macht und Einfluss in der Kohlestiftung ihr Ende. Vor allem aber ist der Kabinettsbeschluss eine Zäsur für die Menschen im Revier.
Das Ruhrgebiet hat seine Geschichte in Kohle und Stahl, ohne diese Geschichte wäre der Aufstieg Deutschlands aus den Trümmern des Zweiten Weltkriegs nicht denkbar. Das Wirtschaftswunder wurzelt hier: in Essen, Duisburg, Bochum, Dortmund oder Gelsenkirchen. Die Kumpel unter Tage haben Enormes geleistet. Aber das Revier trägt immer noch an den Lasten. Die Bergschäden an den Häusern, die Absenkung ganzer Landschaften um 20 Meter und mehr sind augenfällig. Das Abpumpen von Grubenwasser ist eine Aufgabe für die Ewigkeit, die Kosten sind mit 440 Millionen Euro veranschlagt - im Jahr. Weniger ins Auge springen die Verwerfungen, die aus der Konzentration auf die Großindustrie herrühren. Sie ließ kaum Raum für Mittelstand und Eigenitiative. Diese Hypothek gilt es, konsequent abzutragen. Die Befreiung aus der polit-industriellen Umklammerung ist eine Chance für Jedermann.
Mit dem gestrigen Beschluss ist dafür das Startsignal gesendet. Denn auch das ist klar: Seit den sechziger Jahren, als die letzte Tonne Kohle rentabel aus der Erde geholt worden ist, flossen rund 170 Milliarden Euro Subventionen als Ausgleich für die Preisdifferenz zwischen der billigen Importkohle und der heimischen Steinkohle. Etwa 60 Euro kostet Ausland-Kohle, runde 190 Euro im Schnitt die hiesige. Dieser stete Geldfluss hätte auch unter Einhaltung des Versprechens, wonach kein Bergmann ins Bergfreie fallen darf, eher in die Zukunft des Reviers gelenkt werden können.
Dazu hatte die Politik nicht die Kraft und nicht die nötige Idee. Schließlich mussten die betroffenen Bundesländer, die Bundesregierung, die Gewerkschaft in der montanmitbestimmten RAG sowie die Anteilseigner Eon, ThyssenKrupp, Arcelor und RWE zustimmen. Die Blaupause für die komplexe Operation lieferte RAG-Chef Werner Müller, der quasi im Tausch für das Ende der Steinkohle den Aufbau eines neuen Konzerns in Essen anbot. Dies machte die historische Entscheidung der Politik möglich.
Das Revier wandelt sich. Mit neuen Unternehmen kommen auch neue Arbeitsplätze. Es gibt Grund genug, mit Zuversicht in die Zukunft zu blicken. Die Menschen im Revier - sie haben gezeigt, dass sie eines gut können: den Wandel.
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