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WAZ: Die Kirchen-Kritik der Landes-CDU: Wenn der Mann den Hund beißt - Leitartikel von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Kirche greift CDU an. Das wäre als Nachricht banal,
so wie: Hund beißt Mann. Eine Glaubensgemeinschaft, ihrer reinen 
Lehre verpflichtet, muss sich reiben an einer Partei, die ein 
Regierungs-Abo beansprucht. Wer regiert, schließt Kompromisse, 
verstößt also gegen das Ideal.
Gerade darum ist der Angriff des Düsseldorfer 
CDU-Fraktionsvorsitzenden Stahl auf die Kirche eine Nachricht von der
Kategorie: Mann beißt Hund. Ein bemerkenswerter Vorgang also. Nicht, 
weil man erwarten müsste, dass das Verhältnis zwischen Kirche und CDU
wegen des "C" im Parteinamen doch eigentlich konfliktfrei verlaufen 
müsste, sondern: weil dieses Mal ausgerechnet die Vertreter der 
Realpolitik gegenüber den Kirchen-Idealisten quasi Treuebruch 
beklagen.
Wobei im konkreten Fall die Enttäuschung der C-Partei über die 
C-Gemeinschaft verständlich ist. Schließlich werden die dramatisch 
unter Spardruck stehenden Kirchen im Kinderbildungsgesetz finanziell 
entlastet; sich dennoch über die (un)sozialen Folgewirkungen von 
Kibiz zu beklagen, wirkt heuchlerisch. Und das 
Sonntags-Verkaufsverbot der Landesregierung geht auf kirchliche 
Wünsche zurück. Anschließend den Verkauf von Blumen an Sonntagen zu 
reklamieren, ist gleichfalls mindestens schlechter Stil. Nur beim 
Kopftuch-Verbot sieht die Sache anders aus: Hier fürchten die Kirchen
womöglich zu Recht, dass Nonnentracht und Kreuz aus den Schulen 
weichen müssen, wenn dies auch für das islamische Tuch gilt. Dies 
legt jedenfalls ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts nahe.
Weshalb nun erwartet die CDU von der Kirche Dankbarkeit, und vor 
allem: Weshalb tut sie dies öffentlich? Vielleicht deshalb: Wenn die 
Zahl derjenigen, von denen man gemocht wird, ohnehin abnimmt, wiegt 
enttäuschte Liebe besonders schwer. Wenn schon Eltern und Beamte und 
sowieso Gewerkschaften auf einen einprügeln, dann hätte man doch 
erwartet, dass wenigstens jene sich in Zurückhaltung, wennschon nicht
Solidarität üben, mit denen man immerhin den christlichen Namen 
teilt.
Stahls Kritik ist eine Frucht gewachsener Empfindlichkeit, zeugt 
mithin nicht von Stärke, sondern Schwäche. Ginge es der CDU um die 
Sache, sie würde auf Öffentlichkeit verzichten und ihren Einfluss, 
wenn es ihn denn noch gibt, im Stillen ausüben. Die Kirchen, derart 
als Abtrünnige verunglimpft, sollten elegant auf ihre 
parteipolitische Unabhängigkeit hinweisen. Es wäre eine Klarstellung 
unter charakterverschiedenen Freunden.

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