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WAZ: SPD-Programm-Entwurf: Zurück zu den Wurzeln - Leitartikel von Rolf Potthoff

Essen (ots)

Das beste Argument, den neuerlichen Versuch der
sozialdemokratischen Selbstfindung madig zu machen, liefert die SPD 
selbst. "Demokratischer Sozialismus" - das klingt wie das Motto eines
Parteitags in einem reformorientierten Ostblock-Staat, als es den 
"Ostblock" noch gab.
Da bedarf es bei der CDU und anderen Kritikern keinerlei 
intellektueller Verrenkungen; da reicht ein plattes "Reise in die 
linke Vergangenheit" als Vorwurf, um die Sozialdemokraten samt neuem 
Grundsatzprogramm als "ewiggestrig" abzustempeln.
Nur - damit hat Beck das Ziel in gewisser Hinsicht fast schon 
erreicht: Denn um Signale geht es dafür, dass man die eigenen Wurzeln
noch kennt. Zwar hat ein Grundsatzpapier nicht die verpflichtende 
Macht von Gesetzen. Doch dieses flankiert eine Linie, die Beck 
personell z. B. mit der Berufung der Parteilinken Nahles an die 
Spitze und sachbezogen z. B. mit dem Beharren auf flächendeckende 
Mindestlöhne verfolgt.
 Ein Bekenntnis zur "linken Volkspartei" war es doch, was so viele 
Mitglieder bei ihrer SPD vermissten und zigtausende zum Austritt 
bewegte. Bei der betonten Hinwendung zur gesellschaftlichen Mitte zog
das Gros der Mitgliedschaft noch mit. Der Weg schien der Partei die 
Zukunft zu sichern. Doch was Schröder ihr mit der Agenda 2010 
verabreichte, war eine Rosskur. Aber nicht jede Rosskur schlägt an.
Das Papier ist ein Punktsieg für Beck gegenüber Schröderianern. 
Es profiliert die Partei gegenüber "sozialdemokratischen" Tendenzen 
in der Union. Und es könnte aktuelle Sehnsüchte stillen; nach 
sozialer Sicherheit, Gerechtigkeit und staatlicher Fürsorge. Die SPD 
stand immer dafür.
Ob die Realität die Ansprüche erfüllt, ist eine andere Frage. Die
Realität wird - fern von wiederentdeckter Nestwärme - von harten 
Faktoren bestimmt. Auswüchsen der Globalisierung zu begegnen und 
Chancen der Globalisierung für breitere Schichten der Gesellschaft zu
nutzen - dazu bedarf es mehr als dieses Grundsatzprogramm.
Immerhin scheint es so, als habe die SPD jetzt zumindest eine 
sozialdemokratische Antwort auf die Herausforderung durch Lafontaines
Linkspartei gefunden - ohne selbst einem radikalen Linksruck zu 
erliegen oder billigem Linkspopulismus zu verfallen. Ob es reicht 
verlorene Wähler wieder zu finden, wird sich zeigen. Auch ob das 
Programm als Brücke zwischen Traditionalisten und forschen 
Modernisierern taugt, steht längst noch nicht fest.

Pressekontakt:

Rückfragen bitte an:
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Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-8975
zentralredaktion@waz.de

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