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WAZ: Zur Wahl in Polen: Europa atmet auf - Leitartikel von Knut Krohn

Essen (ots)

Die Polen haben sich entschieden: Jaroslaw Kaczynski
soll weg. Die Gesellschaft hat dem Mann eine deutliche Absage 
erteilt, dessen Politikstil es ist, Zwietracht zu säen. Die Welt des 
Premiers ist eingeteilt in Freund und Feind. Auf diese Weise hat er 
es in nur zwei Jahren geschafft, das gesellschaftliche Klima zu 
vergiften und das Land international in die Isolation zu treiben. 
Dafür hat er die Quittung bekommen.
Der Rest Europas - vor allem Berlin - tat gut daran, vor diesen 
Wahlen zu schweigen. Auch gut gemeinte Ratschläge wären Munition für 
den nationalistisch geprägten Wahlkampf Kaczynskis gewesen. Die 
Staatengemeinschaft hat auf die Weitsicht des polnischen Volkes 
vertraut - und Recht behalten. Nun kann also in Brüssel aufgeatmet 
werden. Dort wird diesem Regierungschef kaum jemand eine Träne 
nachweinen, dem Mann, der die Geduld der Diplomaten mit 
Veto-Drohungen und Ultimaten immer wieder auf eine harte Probe 
stellte.
Polen wird aus der Schmollecke treten und in den Schoß der 
Europäischen Union zurückkehren, doch zum Schoßhündchen der Brüsseler
Bürokraten wird das Land nicht werden. Der liberalkonservative 
Wahlsieger Donald Tusk hat bereits angekündigt, die Interessen Polens
hart zu vertreten. Die Kaczynski-Partei "Recht und Gerechtigkeit" und
die von Tusk geführte "Bürgerplattform" unterscheiden sich vor allem 
im Politikstil, weniger in den Programmen. Die meisten 
außenpolitischen Standpunkte der beiden Parteien sind fast 
deckungsgleich.
Auch eine von der PO geführte Regierung würde in der Europäischen
Union für eine überproportionale Gewichtung der mittelgroßen Staaten 
kämpfen. Auch im Streit mit Berlin um die Rückgabe von Kulturgütern 
profilierten sich Tusks Mannen als beinahe glühende Nationalisten. 
Und selbstverständlich sieht man in den Forderungen der Vertriebenen 
gegenüber Polen einen Affront und das Zentrum gegen Vertreibung wird 
natürlich auch von der Bürgerplattform abgelehnt.
Allerdings hat Tusk immer wieder betont, anders als die von 
Komplexen beladenen Kaczynskis habe er kein Problem mit Deutschland. 
Zu erwarten ist, dass er mit seiner Duz-Freundin Merkel ein 
wesentlich unverkrampfteres Verhältnis unterhält als der 
Noch-Premier, der davon ausgeht, dass aus Berlin im Grunde nur Böses 
kommen kann. Hält Tusk sein Wort, haben bald auch die irrwitzigen 
verbalen Ausfälle ein Ende, die während der vergangenen zwei Jahre 
aus Warschau zu vernehmen waren.

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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