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WAZ: Managergehälter und Mindestlohn: Von Moral und Ökonomie - Leitartikel von Lutz Heuken

Essen (ots)

Mindestlohn und Managergehälter - da prallen dieser
Tage hoch emotionale Themen aufeinander. Beide Male geht es um 
Gerechtigkeit; es geht um den Zusammenhalt der Gesellschaft; 
letztlich geht es um die Akzeptanz des marktwirtschaftlichen Systems.
Und es geht um Macht.
So ist es kein Zufall, dass zurzeit vor allem Konservative wie 
Bundespräsident Köhler und Innenminister Schäuble die 
Manager-Einkünfte anprangern. Beide sind sicherlich revolutionärer 
Umtriebe unverdächtig. Und doch bringt Schäuble gar gesetzliche 
Obergrenzen für Topgehälter ins Spiel. Er muss wohl unter Druck 
stehen.
Es ist auch kein Zufall, dass die CDU versucht, das Thema 
Mindestlohn noch vor dem Parteitag abzuräumen. Mit aller Macht 
versucht die Union, den Linken die beiden Themen aus der Hand zu 
schlagen. Denn hier sind die Konservativen und Neoliberalen beim 
Wahlvolk angreifbar. Wenn ein hart arbeitender Mensch in Deutschland 
nicht mehr in der Lage ist, seine Familie zu ernähren, dann ist das 
mit ökonomischen Argumenten allein nicht zu rechtfertigen. Wie soll 
ein Mensch akzeptieren und seinen Kindern erklären, dass sein 
Hungerlohn eben dem Spiel von Angebot und Nachfrage zu danken ist?
Exorbitant hohe Managergehälter und mickrige Stundenlöhne von 
drei bis fünf Euro sind aber nicht allein moralisch zu verurteilen. 
Wenn Porsche-Chef Wiedeking vieltausendmal mehr verdient als eine 
Verkäuferin im Ruhrgebiet, dann hat das mit Leistungsprinzip nichts 
zu tun. Da hat Müntefering ja Recht. Dann ist das eine Pervertierung 
des Marktsystems. Und stellt es letztendlich bei den Menschen in 
Frage.
Dass Mindestlöhne und Maßhalte-Appelle in Wirtschaftskreisen und 
bei den Neoliberalen in der CDU auf Widerstand stoßen, nehmen die 
Strategen der Union dabei in Kauf. Sie wissen: Bei beiden Themen sind
sie in der Defensive, beide bieten der SPD und vor allem der 
Linkspartei die Gelegenheit zu ständigen Attacken. Kommt der 
Mindestlohn, verliert die SPD das populärste und damit für die Union 
gefährlichste Wahlkampfthema.
Jenseits aller machtzynischen Polit-Strategien macht eine 
Gesellschaft, in der es weder obszön hohe noch beschämend kleine 
Einkommen gibt, auch ökonomisch Sinn: Ohne das Gefühl der Teilhabe 
aller Schichten kann ein Wirtschaftssystem letztlich nicht 
funktionieren. Oder wie Köhler sagt: "Sozialer Frieden ist allemal 
ein wichtiger Standortvorteil Deutschlands."

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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