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WAZ: Landes-Geld für arme Städte - Förderung nur nach Bedürftigkeit - Leitartikel von Peter Szymaniak

Essen (ots)

Gut 17 Jahre nach der Vereinigung der beiden
deutschen Staaten entzweien die immer noch gewährten üppigen Hilfen 
an die fünf neuen Bundesländer nun endgültig den Westen der Republik.
21 reiche Städte haben gegen das Land geklagt und sind damit auch 
indirekt gegen ihre armen Nachbarstädte zu Felde gezogen. Ein 
Prozess, in dem es vordergründig um die Verteilung der Ostlasten im 
Westen geht, der aber zugleich einen tiefgreifenden Stimmungswechsel 
in der Republik aufzeigt: Eigentlich will niemand mehr im Westen für 
den Osten aufkommen - selbst Oberbürgermeister reicher West-Städte, 
die sich die Ost-Subventionen noch leicht leisten könnten, zeigen mit
dem Finger auf andere und sagen: Spende Du doch für den Osten, ich 
will da im Grunde nicht mehr mitmachen.
Tanzende Menschen auf der Mauer, das Ende der Unfreiheit, die 
völlig heruntergewirtschafteten lebensfeindlichen DDR-Städte - dies 
löste in den 90er Jahren eine Welle der Solidarität vieler 
Westdeutscher für die Deutschen im Osten aus, die durch einen 
geschichtlichen Zufall jahrzehntelang unter Diktatur und 
Misswirtschaft leiden mussten. Die Deutschen im Westen, die 
historisch mehr Glück hatten, waren bereit, auch finanzielle Lasten 
als Anschubfinanzierung im Osten zu tragen.
Doch die Verlängerung des Solidarpakts im Jahre 2001 um gleich 18
Jahre war ein großer Fehler; die Solidarität der Westdeutschen wurde 
überstrapaziert. Dresden schuldenfrei, Leipzig im Wirtschaftsboom, 
Görlitz' Altstadt ein so wunderschön wie teuer renoviertes 
Weltkulturerbe, Rostock-Warnemünde ein Anlaufhafen für 
Luxus-Kreuzfahrtschiffe und pittoreske Ostsee-Badeorte reihenweise - 
warum fließen immer noch Milliarden Euro aus dem Westen in diese 
Gegenden? Zugleich verrotten im Westen ganze Stadtviertel, sind 
Durchgangsstraßen marode, müssen Hallenbäder abgerissen und 
Kindergärten dichtgemacht werden - warum wird hier nicht für die 
Zukunft der Familien investiert?
Die Milliarden aus dem Solidarpakt dürfen fast 20 Jahre nach der 
Einheit nicht mehr nach der Himmelsrichtung verteilt werden, sondern 
ausschließlich nach Bedürftigkeit der Städte, egal, ob sich diese im 
Osten oder Westen befinden. Der Solidarpakt II gehört aufgeschnürt, 
die Kriterien der Verteilung sollten neu definiert werden. Um das 
durchzusetzen, müssen Bundes- und Landespolitiker allerdings viel Mut
und Kraft beweisen.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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