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WAZ: Über eine wunderbare Wiederkehr: Deutscher Wein - Leitartikel von Lars L. von der Gönna

Essen (ots)

Jancis Robinson, die Weinpäpstin der Briten, nennt
deutschen Riesling "atemberaubend". Stuart Pigott, der schillerndste 
unter den tonangebenden Weinkennern der Welt, frohlockt über "nie 
dagewesenen Geschmacksreichtum und bislang unbekannte 
Ausdrucksstärke" von der Mosel bis zum Kaiserstuhl. Und die 
frankophilen Belgier haben neulich in einer ihrer wichtigsten 
Tageszeitungen einen deutschen (!) Spätburgunder zum "Wein des 
Jahres" gekürt.
Die Weinwelt bewegt sich und eine zen-trale Achse dieser Bewegung
ist Deutschland. Nach Jahren, da man neidisch die wuchtigen 
Kalifornier sah, nach Südafrika oder Australien schielte, hat sich 
das Blatt gewendet. Dabei hilft nicht nur der ordentlich laufende 
Export von Spitzenweinen in Zeiten, da Riesling Chardonnay als 
Trendwein abgelöst hat. Die Deutschen selbst haben ein von Anfang bis
Ende in ihrem Land erzeugtes Produkt wiederentdeckt. Jede zweite 
gekaufte Flasche ist von hier; diese Quote ist angesichts globaler 
Märkte besser als man denkt. Vorbei auch die Zeiten, da Pseudokenner 
unter "Stößchen"-Rufen deutsche Grauburgunder verlachten, weil sie 
nur "Pinnogritscho" tranken . . .
Dass es lange anders war, daran sind viele Winzer nicht 
unschuldig. Sie haben Jahrzehnte unstrategisch, aber auch unter 
unerbittlichen ökonomischen Zwängen und manch kurioser 
Subventionspirouette vor sich hin produziert. Sie sind der "Sweet & 
Cheap"-Fährte (süß und billig) gefolgt - ein Irrweg, der sich als 
rufschädigend erwies. Er hat die glanzvolle Geschichte, die der 
Weinbau in Deutschland hat, über Jahre in pelzige Gesichtslosigkeit 
gehüllt.
Davon haben sich Mosel, Rhein & Co. erstaunlich gut erholt. Und: 
Der Markt hat sich gesundgeschrumpft. Viele Zweiterwerbler (die 
"Fünf-Uhr-Winzer") haben aufgegeben. 1989 hatte etwa Rheinland-Pfalz 
noch 11 800 Betriebe, inzwischen sind es rund 5000. Dabei sind kaum 
Rebflächen weggefallen. Größere Güter, stolz auf ihr "Terroir", 
betreiben sie mit internationalem Know-how. Keiner der Vielbeachteten
von Ahr oder Ruwer schämt sich zu sagen, er habe geschaut, wie die 
anderen Wein machen: in Burgund oder Napa Valley.
Das Weinjahr 2008 hat gut angefangen. Nicht nur mit der 
Nachricht, dass in Deutschland der Pro-Kopf-Verbrauch mit 20,6 Litern
einen Höchststand erreicht hat. Derzeit wird in vielen Gütern ein 
stattlicher 2007er gefüllt - auch deshalb eher früh, weil der 2006er 
bereits ausverkauft ist. Den Winzer, von der Pflanzung bis zur 
Fassprobe einer der wenigen Allrounder in einer Welt, in der ein 
VW-Beetle so deutsch ist wie eine Ananas, freut's. Eine kleine 
Erfolgsgeschichte, tatsächlich made in Germany. Darauf könnte man 
sogar trinken.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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