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WAZ: Fünf Jahre Agenda 2010 - Symbol für die Zerrissenheit der SPD. Kommentar von Angela Gareis

Essen (ots)

Es gibt den Lehrberuf des Bundeskanzlers nicht, hat
Gerhard Schröder gesagt, nachdem er nicht mehr Bundeskanzler war, und
er hat Recht. Bundeskanzler ist ein Beruf, der in Zeiten der 
Globalisierung mehr Wagemut als Erfahrung erfordert, schlicht weil 
Erfahrung aus Vergangenem nur bedingt auf Ungewissheiten der Zukunft 
übertragen werden kann.
Geradezu überwagemutig hat Schröder sich vor fünf Jahren 
entschlossen, mit der Agenda 2010 das Land zu reformieren. Und die 
SPD. Der Kanzler wollte den Sozialstaat finanzierbar gestalten und 
Menschen aktivieren, mehr Verantwortung für sich selbst zu 
übernehmen. Er wollte die oppositionsverliebte SPD in eine 
Regierungspartei umwandeln und sie aktivieren, mehr Verantwortung für
das Land zu übernehmen. Für das, was Schröder gelungen ist, sprechen 
wirtschaftliche Fakten. Für das, was ihm misslungen ist, vielleicht 
misslingen musste, spricht der Zustand seiner Partei. Die Agenda 2010
war mit handwerklichen Fehlern behaftet. Korrekturen gehören zum 
Geschäft, weil im Grunde das ganze Regieren im ständigen Korrigieren 
all dessen besteht, was nicht funktioniert. Einen grundsätzlichen 
Fehler aber hat die SPD nie korrigiert, und der liegt in der 
Kommunikation. Erstens haben die regierenden Sozialdemokraten 
Notwendigkeit und Zielsetzung der Agenda nicht erklärt. Zweitens 
haben sie ihr Reformprojekt im verzweifelten Kampf mit der eigenen 
Partei nach dem Prinzip "alles oder nichts" in den Status der 
Unantastbarkeit erhoben.
Die Agenda wurde zum Symbol für die Zerrissenheit der Partei, und
seit fünf Jahren reiben sich rechte und linke Sozialdemokraten nach 
dem Prinzip "alles oder nichts" entweder stolz oder wütend an ihr 
auf. Damit ist die SPD, die Schröder in die Moderne führen wollte, in
der Vergangenheit gefangen. Und zwar ohne den Kanzler, der führen 
konnte, (momentan) ohne Franz Müntefering, der führen kann, und mit 
Kurt Beck, den die Überforderung mal hierhin und mal dorthin führt. 
Ein Produkt dieser Zerrissenheit, die Linkspartei, treibt mit großem 
Erfolg den Keil tiefer zwischen die Flügel der SPD. Dabei müsste 
gerade die Linkspartei linken Sozialdemokraten als Lehrbeispiel 
dienen: Diese Protestpartei ohne wirtschaftlichen Verstand wird keine
Verantwortung für Menschen in Not tragen, schließlich lebt sie mit 
absurden Versprechungen von der Not vieler Menschen. Die SPD verfügt 
über Kompetenz. Sie müsste sich aber mit sich selbst auf ein Ziel 
verständigen: Mehr Verantwortung wagen.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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