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WAZ: Bush auf Abschiedsbesuch - Er hat der Welt nicht gutgetan - Leitartikel von Angela Gareis

Essen (ots)

George W. Bush hat sich während seiner
Abschiedsreise durch Europa einer denkbar geringen Mission 
verschrieben, er will das Einfuhrverbot für gechlorte US-Hühnchen 
brechen. Damit illustriert der Präsident seinen Zustand, der im 
amerikanischen Sprachgebrauch als "lame duck" (lahme Ente) bezeichnet
wird, derart gekonnt, dass mancher sich vielleicht ein spätes Lächeln
abnötigen lässt. Ein sehr spätes Lächeln.
Wenn Politiker aller Parteien Bush in Deutschland mit 
wetteifernder Kritik empfangen, dann spricht - gerade bei 
Unionspolitikern - ein unangenehm nachträglicher Mut daraus, aber 
auch die ungeteilte Meinung, dass Bush der Welt nicht gutgetan hat. 
Indem der Präsident auf Grundlage von Lügen den Krieg gegen den Irak 
begann, indem er in Guanta´namo eine Vorhölle für Terrorverdächtige 
errichtete, indem er EU und Nato mit der Bildung einer Koalition der 
Willigen zu spalten suchte, hat er die westlichen Wertvorstellungen 
von Recht, Wahrhaftigkeit, Freiheit, Gleichheit, Menschenwürde und 
Solidarität weltöffentlich infrage gestellt. Die Auswirkungen auf die
westliche Bündnispolitik und auf die Auseinandersetzung mit der 
muslimischen Welt sind unabsehbar.
Bushs Hinterlassenschaft wird darin bestehen, aus seinen Fehlern 
zu lernen. Manche Lehren erschließen sich auf den ersten Blick, 
andere erfordern eine gewissenhafte Selbstprüfung. In Deutschland hat
sich ein Antiamerikanismus manifestiert, der eine Differenzierung 
zwischen dieser US-Regierung und den USA nahezu aufgehoben hat. Von 
diesem Antiamerikanismus haben viele Bürger ihr Verständnis von 
Verantwortung für den Frieden unbewusst prägen lassen. 
Militäreinsätze der Bundeswehr wie in Afghanistan verlieren Akzeptanz
hauptsächlich unter dem Eindruck der rücksichtslosen Kriegsführung 
dieser US-Regierung. Souveräne Entscheidungen aber beruhen darauf, 
alle Argumente frei zu wägen, ohne dass irgendein Bush sie 
vorsortiert hat.
Ein künftiger Präsident Barack Obama wäre sicher weit mehr als 
John McCain dazu imstande, Vorbehalte abzubauen. Das wird auch 
notwendig sein, denn die Projektionsfläche Obama wird sich im Falle 
ihrer Wahl in einen US-Präsidenten verwandeln, der in militärischen 
wie wirtschaftlichen Angelegenheiten zuallererst die Interessen 
seines Landes vertritt. Zunächst aber kann der Kandidat vielen 
Menschen die Freiheit zurückgeben, die USA mit anderen Augen zu 
betrachten. Diese Freiheit sollte man annehmen, sobald Bush weg ist. 
Er fliegt heute um 13.45 Uhr.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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