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WAZ: Der Umgang mit der Linkspartei - Leicht zu durchschauen - Leitartikel von Angela Gareis

Essen (ots)

Der Einfluss der Linkspartei auf SPD und Union darf
nicht unterschätzt werden, wenn er ganz offensichtlich bis in die 
Reiseplanung von Spitzenpolitikern hineinreicht. Es ist schließlich 
kein Zufall, dass Kurt Beck und Ronald Pofalla gleich zum 
medienwirksamen Beginn ihrer Sommerreisen Gedenkstätten im Osten 
aufgesucht haben, um dort an die Verbrechen der SED in der DDR zu 
erinnern. Der SPD-Vorsitzende tat das in Halle, der 
CDU-Generalsekretär in Bautzen. In beiden Städten hatten die 
Sozialisten politisch Andersdenkende in die einstigen Kerker der 
Nazis gesperrt.
Den demonstrativen Charakter solcher Auftritte versuchte 
CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer in relativ missratener 
Form anzusprechen. Sie bezichtigte Beck, die DDR-Opfer zu verhöhnen, 
weil er ein ehemaliges Stasi-Gefängnis besuche, während Hessens 
SPD-Chefin Andrea Ypsilanti "ein Bündnis mit den SED-Nachfolgern" 
schmiede. Eigentlich aber wollte Beck sich in Halle von der 
Linkspartei distanzieren, und Pofalla wollte sich in Bautzen von der 
Linkspartei und der SPD distanzieren, weil die in Hessen einen Pakt 
vorbereiten. Der Umgang der Volksparteien mit der Linken lässt eine 
erstaunliche Bevölkerungswanderung vermuten. Im Osten wären demnach 
die Mitglieder der Linkspartei zuhause, mit denen sowohl die SPD als 
auch die CDU seriös kooperieren können. Die SED-Nachfolger müssen 
überwiegend in den Westen umgezogen sein, denn nur dort werden sie 
intensiv politisch bekämpft. Momentan scheinen sich die 
SED-Nachfolger vorzugsweise im Raum Wiesbaden aufzuhalten.
SPD und Union begehen eine leicht zu durchschauende Heuchelei. 
Zwar beherbergt die Linke auch im Westen etliche Kommunisten und 
Verwirrte. Doch die weitaus meisten heutigen oder früheren 
SED-Anhänger sowie Träumer, die sich eine sozialistische Diktatur mit
weniger Mordlust wünschen, leben im Osten. Dort allerdings ist die 
Linke, der auch unbescholtene Demokraten angehören, derart stark, 
dass die SPD in Berlin nicht auf sie verzichten möchte, obwohl sie 
auch mit den Grünen regieren könnte. Und die CDU betreibt in Dresden 
und Magdeburg gemeinsame Sache mit der früheren PDS. Wolfgang Böhmer,
CDU-Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, denkt sogar öffentlich über
schwarz-linke Koalitionen nach.
Wie glaubwürdig also wirkt das akute Bedürfnis nach Aufarbeitung 
der Verbrechen der SED, das Union und SPD im Jahr vor der 
Bundestagswahl erfasst hat? Nicht wesentlich glaubwürdiger als der 
Wortbruch von Ypsilanti in Hessen.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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