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WAZ: Welche Rolle spielt der Ex-Kanzler? Schröders angebliche Rückkehr - Leitartikel von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Alles Schröder, oder was? Glaubt man dem "Spiegel",
dann steht so eine Art Comeback des Altkanzlers, nun ja: zu erwarten,
zu hoffen, zu befürchten? Mit genau dieser Unbestimmtheit fängt die 
Sache schon an: Schröder - gut oder schlecht für die SPD? Der 
Schröder von 1998, der Kohl nach 16 Jahren aus dem Amt schröderte, 
war gut für die SPD. Der Erfinder der "neuen Mitte", der glaubwürdig 
einen wirtschaftsfreundlichen Leistungsgedanken mit sozialer 
Verantwortung verband, hat der SPD genutzt. Sie hatte eine Idee, und 
die war vor zehn Jahren sicher zeitgemäßer als Kohls 
Keine-Experimente-Angebot.
Der Agenda-Schröder der Nach-Jahrtausendwende, der 
Anti-Amerika-Schröder, der Gazprom- und Putin-Freund, er legte der 
SPD mehr Negatives als Positives auf die Waage. Und genau darum wird 
der Kanzlerkandidat Steinmeier auch auf Abgrenzung zu seinem 
einstigen Chef setzen. Ein paar Wahlkampfauftritte des Rummelboxers 
aus Niedersachsen, den einen oder anderen Rat in Macht- und 
Intrigenfragen - damit wird es getan sein. Steinmeier wird alles 
daran setzen, sein eigenes, von Schröder unabhängiges Profil zu 
entwickeln.
Und auch der neue Parteivorsitzende weiß, mehr Schröder, das 
bedeutet zugleich: mehr Lafontaine. Würde die SPD wieder so 
demonstrativ wie unter ihrem Ex-Kanzler, dem Genossen der Bosse, auf 
liberal setzen, Oskar Lafontaine könnte seinen Raubzug beinahe 
ungehindert fortsetzen.
So sehr, wie die Union fürchtet, wird sich die SPD wohl kaum in 
die politische Mitte zurückbewegen. Und dennoch ist eine wachsende 
Nervosität der Union allzu berechtigt. Müntefering kann Wahlkampf, 
und Steinmeier ist ein seriöser Kandidat, attraktiv für bürgerliche 
Schichten. Ein Duo, das die FDP umwerben kann, ohne allzuviel an 
Glaubwürdigkeit zu verlieren. Die ins Wochenende hinein platzierte 
Meldung von einer Absprache zwischen Merkel und Westerwelle über eine
Jamaika-Koalition lässt sich denn auch als aktionistische Reaktion 
auf den Vorstoß von Müntefering und Steinmeier Richtung FDP lesen.
Aber das sind alles Spielchen. Über den Tag hinausgesehen bleiben
auch der neu geführten SPD die alten Probleme: Kann sie sich von der 
populistischen Versprechens-Partei Lafontaines lösen? Bringt sie es 
fertig, ökonomische und soziale Kompetenz zu versöhnen? Immerhin hat 
sie jetzt die Chance, eine starke Alternative zu Merkel aufzubauen. 
Die Hilfe Gerhard Schröders haben Müntefering und Steinmeier gewiss 
nicht nötig.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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