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WAZ: Markt und Staat (II.) - Vom Versagen einer Ideologie. Kommentar von Lutz Heuken

Essen (ots)

Diejenigen, die schon lange über alles Soziale
spotten und über alles Regulierende ätzen - jetzt rufen sie laut nach
dem Staat. Damit dieser mit Milliarden ihre Konzerne schütze und sie 
womöglich vor dem Volkszorn. Ob sie sich zumindest ein wenig schämen?
Ich glaub's ja nicht.
Von Einsicht keine Spur. Diejenigen, die sicher sind, ihre 
Millionen-Gehälter tatsächlich zu verdienen, versuchen nun, das 
Zusammenbrechen der Finanzmärkte allein als plötzliche Panne 
darzustellen; die Schuld dafür schieben sie einzelnen Versagern in 
die Schuhe. Denn eines werden die Banker, Börsianer und Spekulanten 
nicht tun: Sie werden nicht das System infrage stellen, das sie mit 
Macht und Millionen korrumpiert. Dabei zeigt die jüngste Krise doch 
allzu brutal: Die Idee, der Markt könne und solle auf dieser Welt 
(fast) alles regeln, führt in die Irre; der Glaube, Egoismus sei der 
geeignete Antrieb für eine ganze Gesellschaft, hat fatale Folgen.
Es geht nicht darum, den Markt generell zu verteufeln. Das System
von Angebot und Nachfrage ist in der Lage, Teile unseres Lebens zu 
ordnen: Der Verkauf von Brötchen und der Besuch des Frisörs müssen 
wahrlich nicht vom Staat geregelt werden. Andere Bereiche des 
Zusammenlebens aber entziehen sich diesem Mechanismus: die Bildung 
etwa, die innere Sicherheit, die Gesundheit. Markt-Extremisten aber 
dringen darauf, immer mehr Segmente ihrem System zu unterwerfen. 
Verblendet übersehen sie: Der Markt ist Mittel, nicht Selbstzweck.
Der Crash der Finanzmärkte zeigt, dass die neoliberale Idee nicht
nur unsozial ist, sie ist auch gefährlich. Spätestens jetzt gilt es, 
dieser Irrlehre nicht zaudernd, sondern selbstbewusst entgegen zu 
treten.

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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