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WAZ: Asem-Gipfel in China - Das neue Selbstbewusstsein. Leitartikel von Jutta Lietsch

Essen (ots)

Der 35-jährige Hu Jia ist ein friedlicher und
couragierter Mann, Fürsprecher von Aidskranken und Opfern 
behördlicher Willkür in China. Für seine Zivilcourage hat ihm das 
EU-Parlament gestern den Sacharow-Preis verliehen - nur einen Tag vor
Beginn des großen Gipfeltreffens in Peking, zu dem Regierungschefs 
und Politiker aus über 40 Ländern Asiens und Europas anreisten.
Die Pekinger Regierung reagierte ungewöhnlich schnell und kühl 
auf den Affront aus Straßburg und verurteilte die Preisvergabe nur 
knapp. Dieses Verhalten wirft ein Schlaglicht auf das neue 
Selbstbewusstsein Chinas. Anders als noch vor wenigen Jahren reagiert
die Führung heute selbstsicher, weil sie sich ihrer Bedeutung sehr 
bewusst ist. Ohne China sind internationale Konflikte wie der 
Atomstreit mit Nordkorea, der Bürgerkrieg im Sudan und der 
Atomkonflikt mit dem Iran nicht zu lösen.
Die Regierung hat erkannt, dass es in ihrem eigenen Interesse 
ist, stärker als in früheren Jahren mit Europäern, Amerikanern und 
den asiatischen Nachbarn zusammenzuarbeiten - etwa wenn es darum 
geht, neue Regeln für die Weltwirtschaft und für die großen 
Institutionen wie den Internationalen Währungsfonds zu bestimmen. Mit
seinen 1900 Milliarden Dollar Devisenreserven ist China während der 
Banken- und Kreditkrise so stark, dass es in vielen Ländern wichtige 
Unternehmen aufkaufen könnte. Der Präsident der EU-Kammern in China, 
Jörg Wuttke, sagte gestern gar voraus, dass China als "Gewinner" aus 
der Finanzkrise hervorgehen könnte. Die chinesischen Staatsbanken 
werden relativ stark kontrolliert und haben sich daher international 
nicht gar so bös verspekuliert wie Geldhäuser anderer Länder.
Dennoch ist Peking dringend daran interessiert, dass wieder Ruhe 
auf den globalen Märkten einkehrt. Gibt es eine weltweite Rezession, 
wird auch China leiden. Schon jetzt brechen die Exporte in die USA 
ein. Chinas Kommunistische Partei braucht alle Kraft, um die Probleme
zu bewältigen und Unruhen zu verhindern. Eine gerade beschlossene 
Landreform soll zum Beispiel die Einkommen der Bauern steigern, die 
vom Wirtschaftswunder der letzten Jahre abgeschnitten blieben. 
Gleichzeitig muss China jährlich mindestens 15 Millionen neue 
Arbeitsplätze schaffen.
Täglich wird aufs Neue klar, wie teuer das immer noch rasante 
Wirtschaftswachstum von derzeit 9,4 Prozent erkauft ist: Die Umwelt 
ist verschmutzt, die Kluft zwischen Arm und Reich wächst.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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