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WAZ: SPD und CSU werben um die FDP - Loveparade für Westerwelle - Leitartikel von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Über einen Mangel an Zuwendung kann Guido
Westerwelle sich in diesen Tagen nicht beklagen. Nicht bei der 
eigenen Partei, deren einziges Schwergewicht er ist, nicht bei der 
SPD, die um ihn als Garant einer roten Ampel (SPD, Grüne, FDP) buhlt,
obwohl der FDP-Chef kaum einen Tag auslässt, um sie zu beschimpfen, 
und auch nicht bei der CSU. Ausgerechnet die CSU: Sie lässt keine 
Gelegenheit aus, die FDP und deren Vorsitzenden in eine schwarz-gelbe
Koalition zu betteln.
Franz Josef Strauß, der legendäre Vorgänger von Seehofer, wollte 
das Ende der Regierung Schmidt noch nutzen, um die Liberalen unter 
fünf Prozent zu drücken und damit kalt zu stellen. Helmut Kohl hat 
die Liberalen damals gerettet, weil er Strauß' Forderung nach 
schnellen Neuwahlen zurückwies und der FDP damit den nötigen Atem 
verschaffte, den Bruch mit Schmidt halbwegs vergessen zu machen. 
Heute sieht es beinahe umgekehrt aus: Kohls Nachfolgerin Merkel 
pflegt ein unterkühltes Verhältnis zur FDP, Strauß-Nachfolger 
Seehofer verströmt liberale Wärme. So ändern sich die Zeiten.
Was als Zuwendung derzeit bei Westerwelle ankommt, hat allerdings
mit Liebe nichts zu tun. Vielmehr mit Macht- und Wahlkampf-Kalkül.
Die größte Angst der SPD und ihres Kanzlerkandidaten Steinmeier 
lautet: Das deutsche Volk kauft uns die Absage an die Linkspartei als
Bündnis-Kumpan nicht ab. Nicht nach Hessen, nicht nach Münteferings 
Bekenntnis, jede Koalition mit der Linkspartei bedeute immerhin mehr 
Macht für einen Genossen. Taktiker wie der Fraktionschef Struck haben
erkannt, dass ständige Erklärungen gegen die Linkspartei nicht mehr 
reichen. Eine glaubhafte Machtalternative muss her: die Ampel eben.
Die CSU wiederum durfte inzwischen erfahren, dass sie Verlierer 
der Großen Koalition ist. Ihre Stimmen werden nicht gebraucht, sie 
kann aus Berlin nicht mehr auf ihre bundespolitische 
Unverzichtbarkeit verweisen. In der Großen Koalition ist die CSU nur 
noch die Hälfte wert. Seehofer, der selbsternannte Retter der CSU, 
sucht daher den Schulterschluss mit dem größten Ex-Gegner der CSU: 
den Liberalen.
Allein Merkel reiht sich nicht ein in die Loveparade für 
Westerwelle. Aus ihrer Sicht wäre eine neue Große Koalition unter 
ihrer Führung auch o.k.. Merkels Problem: Mit einer Großen Koalition 
kann sie in keinen Wahlkampf gehen. Westerwelle weiß das. Und 
fröhlich lässt er alle zappeln.

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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