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WAZ: Rüttgers' Marshallplan - Vorsorge ist besser als Nachsorge - Leitartikel von Thomas Wels

Essen (ots)

Ein Rettungsfonds für Unternehmen? Sind wir soweit
gekommen, dass nun der Staat nicht nur die Banken als Lebensadern 
retten muss, sondern auch die Restwirtschaft gleich mit? Kann sein.
Das parteiübergreifend gefeierte Rettungspaket für die 
Privatbanken leistet nicht, was es leisten soll. Eine Bank zu retten,
die zwar weiter lebt, aber keine Kredite vergibt, ist nur die Hälfte 
wert. Unternehmen, die vor Wochen noch fest auf ihre Bank gesetzt 
haben, laufen jetzt regelrecht trocken. Das jedenfalls hört man 
allerorten, freilich hinter vorgehaltener Hand. Was also soll ein 
Staat tun in einer Krise, die Unternehmen dahinraffen kann, nicht, 
weil sie schlecht gewirtschaftet haben oder falsche Produkte 
anbieten, sondern weil ihnen ein bezahlbarer Zugang zu neuen Krediten
versperrt ist?
Ordnungspolitische Grundsätze sind enorm wichtig, ohne sie kann 
eine Marktwirtschaft nicht funktionieren. Der Staat würde die 
falschen Unternehmen subventionieren, er würde aus politischen 
Gründen in Wahlkämpfen Unternehmen retten und den Wettbewerb 
verzerren. Schlechte Produkte, ineffiziente Unternehmen und 
Korruption waren bisher Folge einer jeden Staatswirtschaft. Alle 
ordnungspolitischen Rufe nach dem Ende von Subventionen haben deshalb
Bestand. Und dennoch müssen Politik und Ökonomen eine Antwort darauf 
finden, was zu tun ist, sollte die Krise ein Ausmaß annehmen, in dem 
der Unternehmenstod wahllos zuschlägt wie die Pestilenz im 
Mittelalter. Ob's so kommt, weiß niemand. Die Geschwindigkeit, mit 
der die Krise über die Welt rauscht, gebietet es, Vorsorge zu 
treffen, am besten auf europäischer Ebene. Alles andere wäre 
fahrlässig.
Rüttgers' "Marshall-Plan" für Unternehmen, bestückt mit 100 
Milliarden Euro, ist - auch das muss klar sein - nichts als 
Symptom-Bekämpfung. Der Geburtsfehler im Rettungspaket liegt darin, 
dass die Regierung versäumt hat, Banken zur Annahme von Staatskapital
und höherer Kreditvergabe zu zwingen. Ordnungspolitische Bedenken der
CDU standen dagegen nach dem Motto: bloß kein Zwang. Dabei sehnen 
sich die Banken den Zwang herbei - aus Gründen gleicher 
Wettbewerbsbedingungen.
Wenn diese Krise auch nichts mit Krieg und Hungersnot zu tun hat,
an die der "Marshall-Plan" erinnert - das Europäische 
Wiederaufbauprogramm mit seinen Krediten über die Kreditanstalt für 
Wiederaufbau hat eine jahrzehntelange Erfolgsgeschichte. Gutes 
Krisenmanagement steht auf einem soliden Fundament, ist aber flexibel
für das, was Not tut.

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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