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WAZ: Der Eklat im Papstpalast - Welch ein geballtes Unvermögen - Leitartikel von Angelika Wölk

Essen (ots)

Was da gerade in Rom, in den altehrwürdigen Mauern
des Papstpalastes passiert ist, das ist mehr als ein schwerer 
Betriebsunfall. Mit der Aufhebung der Exkommunikation von vier 
traditionalistischen Bischöfen, von denen einer den Holocaust 
leugnet, hat der höchste Repräsentant der katholischen Kirche ein 
höchst weltliches Politikum ausgelöst. Das Verhältnis zu den Juden 
ist schwer belastet. Die entscheidende Frage lautet: Was hat der 
Papst gewusst?
Gestern, fast eine Woche nach dem Eklat, äußerte sich der 
Kurienkardinal, der die Aufhebung federführend betrieb. Dario 
Castrillon Hoyos beteuerte, dass er "bis zum letzten Moment des 
Dialogs" nichts "von diesem Williamson" gewusst habe. Eine 
schwerwiegende, folgenschwere Aussage.
Wie kann es sein, dass der Heilige Stuhl, eine der am besten, 
personell hervorragend ausgestatteten Einrichtungen, nicht wusste, 
was er sich da einhandelt? Wenn es darum geht, geheime Informationen 
aus dem entlegensten Winkel der Welt zu erhalten, dann rühmt sich der
Vatikan nicht zu Unrecht, bessere Zugänge zu haben, als die meisten 
Geheimdienste dieser Welt. Auch wegen dieser Kenntnisse reißen sich 
Staatsmänner geradezu darum, vor wichtigen Missionen den Rat des 
Vatikan einzuholen. Und eben dieser Vatikan wusste nichts "von diesem
Williamson"? Welch ein Versagen. Welch ein geballtes Unvermögen.
Um die aufgeworfene Frage zu beantworten: Der Papst hat, wenn man
Hoyos' Aussage akzeptiert, nicht gewusst, was er tat. Aber weiß er 
auch nicht, was in seiner Kurie passiert? Es wäre fatal.
Trotz all der Versäumnisse bleibt anzuerkennen, dass Benedikt 
sich gegenüber den Juden sensibel zu erklären versuchte. Doch das 
wird nicht reichen. Benedikt muss von Williamson eine öffentliche 
Entschuldigung verlangen. Wenigstens das.
An anderer Stelle aber hat Benedikt gewusst, was er tat. Er hat 
Bischöfe, die Grundsätze des Zweiten Vatikanischen Konzils, zentrale 
Inhalte der kirchlichen Lehre, ablehnen, zurückgeholt. Ohne 
Vorbedingung. Jetzt appelliert er, sie mögen das Konzil mit dem 
Bekenntnis zur Religionsfreiheit und Versöhnung der Juden anerkennen.
Das hätte er vorher einfordern müssen.
Dabei plagen die Kirche momentan ganz andere Sorgen. Würde der 
Vatikan nur halb so viel Energie für die Probleme von heute 
aufwenden, wie für diese Traditionalisten von gestern, es ginge ihr 
vermutlich besser.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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