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WAZ: Die Linke und der Antisemitismus - DDR-Staatsdoktrin wirkt bis heute - Leitartikel von Norbert Robers

Essen (ots)

Der Fall des Duisburger OB-Kandidaten der
Linkspartei ist eindeutig: Mit seinem Aufruf zum Boykott israelischer
Waren in bewusster Anlehnung an den Nazi-Spruch "Kauft nicht bei 
Juden" hat sich Hermann Dierkes für jedes politische und 
gesellschaftliche Amt selbst disqualifiziert. Für die bisweilen 
durchaus berechtigte Kritik an der israelischen Politik gibt es eine 
glasklare und unverhandelbare Grenze: die Übernahme von Nazi-Phrasen,
-Gedanken und -Parolen. Man ist gleichermaßen erstaunt und 
erschüttert darüber, wie häufig sich vor allem Politiker immer wieder
darin versuchen, mit entsprechenden verbalen Anleihen gegen den 
politischen Gegner auszuteilen. Diese plump-peinlichen Versuche 
müssen und werden scheitern.
So sehr man sich davor hüten sollte, die Linkspartei jetzt mehr 
oder weniger generell unter einen Antisemitismus-Verdacht zu stellen,
so wenig sollte sich die Partei allzu leichtfertig auf der sicheren 
Seite wähnen. Es gibt keinen rechten oder linken Antisemitismus. Aber
in dem Maße, in dem auch die Linkspartei einen Querschnitt unserer 
Gesellschaft darstellt, wird auch sie sich der Tatsache stellen 
müssen, dass antisemitische Ideen durch ihre Reihen wabern.
Vor allem unter den Trotzkisten innerhalb der Linken und den 
zahlreichen DDR-Nostalgikern wirkt der Antizionismus als einstige 
DDR-Staatsdoktrin bis heute nach. Die DDR stand fest an der Seite der
Araber in deren Kampf gegen den vermeintlichen jüdischen Aggressor. 
Damals wie heute manifestierte sich der Antisemitismus als 
Antizionismus - als linker Mainstream.
Seit Jahren schwelt daher ein innerparteilicher Streit über das 
richtige Verhältnis zu Israel und über linken Antisemitismus. In der 
Linkspartei gibt es glühende Unterstützer der radikalen 
Hamas-Bewegung, die Israel vernichten will. Mehrere Parteimitglieder 
haben das Existenzrecht Israels infrage gestellt, wiederum andere 
sprechen - ebenfalls in Analogie zu den Nationalsozialisten - von 
einem "Vernichtungsfeldzug" Israels gegen die Palästinenser. Oskar 
Lafontaine wetterte einst gegen "Fremdarbeiter" und bekam dafür, wenn
auch ungewollt, heftigen Beifall der NPD.
Gregor Gysi wurde dagegen heftig angefeindet, als er Israel eine 
"gesicherte Existenz" versprach und seiner Partei gleichzeitig eine 
"kritische Selbstreflexion" empfahl. Eine eindeutige Klärung des 
links-jüdischen Verhältnisses steht bis heute aus: Beim 
Bundesparteitag 2008 setzte die Parteispitze das Thema von der 
Tagesordnung ab.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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