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WAZ: Die Politik entdeckt ein Thema - Die Manager und ihre Gehälter - Leitartikel von Ulrich Reitz

Essen (ots)

An der Debatte über Managergehälter ist erstaunlich,
dass sie in Berlin erst jetzt geführt wird. Das ist schade: So gerät 
die Diskussion in Verdacht, ausschließlich als 
Wählerstimmen-Maximierungs-Instrument eingesetzt zu werden. Dafür ist
die Debatte um die richtige Entlohnung unseres industriellen 
Spitzenpersonals aber viel zu wichtig.
Viele Manager haben noch nicht bemerkt, dass es um weitaus mehr 
geht als ihr Gehalt - um die Berechtigung des marktwirtschaftlichen 
Systems nämlich. Wer sich millionenschwere Bonuszahlungen auch noch 
gönnt, wenn der Staat mit Steuergeldern, also auch mit Hilfe nicht so
gut Verdienender hilft, der stellt eben mehr infrage als die Dicke 
seines Kontos.
Es ist eben doch so, dass sich ins System viele Fehler 
eingeschlichen haben. Noch vor 20 Jahren hat ganz selbstverständlich 
kein deutscher Manager über zehn Millionen Mark (!) verdient. Und es 
hat sich auch niemand darüber beschwert. Mercedes-Schrempp war der 
erste, der eine Umstellung des deutschen auf das amerikanische System
bei den Managergehältern betrieb. Kurz darauf führten die 
Dax-Unternehmen flächendeckend Aktienoptionen ein. Und fortan 
entschied immer öfter der kurzfristig ermittelte Börsenwert einer 
Firma über die Firmenpolitik. Kurs wurde wichtiger als Strategie.
So kam es auch bei Bonuszahlungen. Es soll Spitzenbanker geben, 
die sich darüber wundern, dass man ihnen beim - wie man inzwischen 
weiß - gemeingefährlichen Zocken mit Wertlos-Papieren nicht längst in
die Arme gefallen ist. Die Zahl der Abschlüsse wurde zum Maßstab für 
den Lohn, nicht der Nutzen der Papiere für den Konsumenten. Und die 
Frage muss erlaubt sein: Ist das nicht heute noch immer so? Kann ein 
Bankkunde tatsächlich sicher sein, die für ihn richtigen Papiere 
empfohlen zu bekommen, wenn Banker nach Abschlüssen entlohnt werden?
Jetzt schlägt Niedersachsens Regierungschef Wulff vor, Manager 
von gescheiterten Banken müssten vor Gericht. Weshalb ist das keine 
Selbstverständlichkeit? Warum wird der Anschein erweckt, für 
kleinere, mittelständische Unternehmen gälten weitaus härtere 
Spielregeln als für die Großen? Es wird nicht lange dauern, bis sich 
Spitzenmanager über die angeblich unangemessene Einmischung der 
Politik in ihre ureigensten Angelegenheiten beschweren. Sie haben es 
sich selbst zuzuschreiben. Sie hätten die Fehlentwicklungen längst 
selbst korrigieren können.

Pressekontakt:

Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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