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WAZ: Parteien legen sich fest, es bleibt: Schwarz-Gelb oder Große Koalition II - Leitartikel von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Als Wähler wissen wir inzwischen mehr. Die SPD sagt
strikt Nein zur Linkspartei als Koalitionspartner. Damit ist 
Rot-Rot-Grün erledigt. Die Grünen sagen strikt Nein zu Jamaika als 
Bündnis. Damit ist Schwarz-Gelb-Grün passé. Die FDP sagt strikt Nein 
zur SPD und zu den Grünen. Somit hat sich Sozialliberal erledigt und 
die klassische Ampel, Rot, Gelb, Grün, ebenso.
Als Wähler kann man glauben, Parteien lügen in solchen Fragen 
ohnehin, und nach der Wahl wird gemacht, was die größte Macht 
verspricht. So einfach ist die Angelegenheit aber nicht. Hier macht 
der Ton die Musik: Die klaren heutigen Festlegungen morgen zu 
ignorieren, ließe jede Partei in ein Ypsilanti-Szenario hineinlaufen.
Darum erscheint die zweite Bürger-Option, Haltung zu den Aussagen der
Parteien einzunehmen, gar nicht einmal so abwegig: nämlich ihnen 
einstweilen zu glauben.
Nun weiß niemand, was bis zur Wahl noch alles passiert. Aber, 
Stand heute, bleiben damit zwei realistische Alternativen: 
Schwarz-Gelb und Große Koalition. Der Kanzlerin kann man 
unterstellen, dass es ihr vergleichsweise egal ist. Ihrem Naturell 
nach nimmt sie, was das Schicksal ihr beschert, es sei denn, den 
Vorruhestand. Eine Vorliebe für Schwarz-Gelb jedenfalls kann man ihr 
nicht nachsagen; Merkel weiß, dass die nächste Legislaturperiode zu 
den schwierigsten der Nachkriegszeit werden könnte: die gigantischen 
Schulden von heute sind die höheren Steuern von morgen, und das 
deutsche Volk wird auch nicht über Nacht jünger: nicht einmal Ursula 
von der Leyens wegen kriegen die Leute mehr Kinder. Wegen der 
drohenden sozialen Verwerfungen kann eine Unions-Spitzenfrau auf den 
Gedanken kommen, die Einbindung der SPD dem ursprünglichen 
Wunsch-Bündnis mit der FDP vorzuziehen, falls Schwarz-Gelb sich nicht
rechnet.
Warum legt die FDP sich so fest, weshalb die Grünen? Die 
Liberalen handeln folgerichtig. Sie heimsen ein, was einzuheimsen 
ist: von der SPD die von Steinmeier/Müntefering enttäuschte 
Ex-Neue-Mitte Schröders, von der Union den Mittelstand. Die FDP 
vergrößert damit das bürgerliche Lager. Das ärgert zwar die Union, 
kommt ihr aber womöglich zugute, weil Schwarz-Gelb wahrscheinlicher 
wird. Die Grünen fallen auf sich selbst zurück, glauben allenfalls 
noch, von einer für erschreckend schwach und fantasielos ("halbgar", 
urteilt Künast) gehaltenen SPD profitieren zu können. Aber damit wird
Rot-Grün nicht insgesamt stärker. Behält die FDP die Nerven, könnte 
sie am Ende die Gewinnerin sein.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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