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WAZ: Wahl des Bundespräsidenten - Der geheime Kandidaten-Kandidat - Leitartikel von Angela Gareis

Essen (ots)

Bislang war es so, dass von der SPD nur die
Kandidatin Gesine Schwan gegen Bundespräsident Horst Köhler antrat. 
Nun aber wird (aus der SPD?) gegen die Kandidatin ein ehemals 
geheimer Kandidaten-Kandidat aufgeboten. Joschka Fischer.
Zufall oder nicht. Drei Wochen vor der Wahl des Bundespräsidenten
kann man die Nachricht, dass SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter 
Steinmeier gern Fischer nominiert hätte, interessant finden oder 
albern oder was sonst auch immer. Eines aber ist die Nachricht sicher
nicht: gut für Schwan. Man erinnert sich, dass der frühere 
SPD-Vorsitzende Kurt Beck eigentlich Horst Köhler unterstützen 
wollte. Am Ende aber überzeugte Schwan den Vorsitzenden im letzten 
Frühjahr von Schwan. Dass Steinmeier Monate zuvor mit dem Vorschlag 
an Beck abgeprallt war, Fischer als rot-grünen Kandidaten 
aufzustellen, wusste die Öffentlichkeit nicht. Jetzt weiß sie es.
Dank des zielgenauen Zufalls erfährt die Öffentlichkeit von 
Steinmeiers Präferenz zu einer Zeit nicht enden wollender Kritik an 
Schwan. Seit deren Warnung vor wachsender Wut in der Bevölkerung in 
der Krise vergeht kaum ein Tag, ohne dass ein Unionspolitiker die 
Eignung der Kandidatin bezweifelte. Von der SPD wird Schwans 
Bewerbung um das höchste Amt und Stimmen der Linken ohnehin mehr 
ertragen als getragen. In dieser Situation schien es möglicherweise 
jemandem geboten, den Kanzlerkandidaten vor der 
Präsidentschaftskandidatin zu schützen. Mit dem Blick auf die 
Bundestagswahl würde die Botschaft lauten: Steinmeier kann nichts für
Schwan, er wollte Fischer.
Einmal abgesehen davon, dass die Grünen Fischer gar nicht 
nominieren wollten, entfaltet die Nachricht weitere Botschaften. An 
Anhänger der Grünen und parteipolitisch Unentschlossene: Steinmeier 
hätte der einst belächelten Sonnenblumenpartei zugetraut, einen 
Bundespräsidenten zu stellen. Sympathisch von diesem Steinmeier, 
könnten viele Jüngere denken. Die zweite Botschaft ist eine offene 
Frage: Wäre Fischer, der weltweit respektierte erste grüne 
Außenminister, nicht der bessere Kandidat?
Politik ist ein brutales Geschäft, und Schwan hat wissen können, 
worauf sie sich einlässt. Dennoch sind die Intrigen, die man der 
Branche fallweise unterstellen muss und selten nachweisen kann, nicht
schön anzusehen. Man erinnert sich wieder an Kurt Beck, den ein 
politischer Mord im Orient-Express ereilte. Nie aufgeklärt, zu viele 
Täter.

Pressekontakt:

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Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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