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WAZ: Ärztetag und Medizinerprotest - Ein offensichtliches Verteilungsproblem - Leitartikel von Stefan Schulte

Essen (ots)

Nein, Ärzte können nichts dafür, dass die Welt in
der Krise steckt. Es ist eher ein Zufall der dümmeren Art, dass die 
Krise just in das Jahr fällt, das die Ärzteschaft spaltet. In 
Gewinner und Verlierer einer Honorarreform mit vielen 
Unzulänglichkeiten und Ungerechtigkeiten.
Dennoch ist die wirtschaftliche Gesamtlage natürlich von Belang, 
wenn Ärzte mehr Geld fordern. Sie können nichts für die Krise, aber 
sie können sie auch nicht ignorieren. Schließlich werden Ärzte aus 
einer Sozialkasse bezahlt, die gerade Milliarden an Beiträgen 
verliert, weil hunderttausende Menschen arbeitslos werden. Die 
Solidargemeinschaft aus Beschäftigten, Rentnern und Arbeitgebern 
leidet enorm unter der Krise. Die Ärzte leiden unter einer Reform, 
die ihre eigene Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) mitgestrickt 
hat.
Noch im Herbst 2008 verkaufte KBV-Chef Köhler die Reform als 
seinen Erfolg. Dass er nach gescheitertem Praxistest die 
Verantwortung der Politik zuschiebt, dient allein dem eigenen 
Machterhalt. Es ist leichter, auf die Politik zu zeigen, als den 
Radiologen zu sagen, sie mögen den Augenärzten etwas abgeben. Die 
Hausärzte kämpfen längst für sich. Sie korrigieren die Reform auf 
eigene Rechnung und untergraben damit die Autorität der KBV. Das ist 
aus ihrer Sicht nur zu verständlich. Doch jeder Euro, den eine 
einzelne Gruppe erstreitet, fehlt an anderer Stelle.
Das Signal, das der Deutsche Ärztetag in die Wartezimmer der 
Republik sendet, lautet: Liebe Patienten, ihr müsst leider mehr 
selbst zahlen, weil die Politik unfähig ist. Das ist einfallslos und 
bar jeder Selbstkritik. Weil der interne Verteilungskampf gescheut 
wird, fordert man insgesamt mehr Geld, also einen neuen Schluck aus 
der Gießkanne. Genau daran krankt aber die Reform. Sie gleicht die 
Honorare der Praxen an, wodurch einige deutlich mehr und einige 
deutlich weniger erhalten. Die einen kämpfen um ihre Existenz, andere
haben 250 000 Euro Jahresbrutto. Das Verteilungsproblem ist so 
offensichtlich, dass die Forderung nach neuen Geldquellen an Ignoranz
grenzt.
Erst, wenn sich die Wirtschaft erholt, kann mehr Geld ins System 
fließen. Bis dahin kann es nur darum gehen, das mühsam eingesammelte 
Geld gerechter zu verteilen. Das muss eine starke Dachorganisation 
leisten, bei all ihren Makeln ist das die KBV. Sollte sich ihr 
Autoritätsverlust als zu groß erweisen, müsste Ulla Schmidt 
übernehmen. Das dürfte nicht der Traum vieler Ärzte sein.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de

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