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WAZ: Heute wird der Präsident gewählt - Weshalb Köhler Favorit ist. Kommentar von Ulrich Reitz
Essen (ots)
Der Bundespräsident verfüge über kaum mehr Mittel als sein Wort, heißt es. Träfe das zu, Horst Köhler wäre weitgehend mittellos, denn ein flammender Redner ist er nicht. Anerkannt ist er dennoch, aber nicht trotz, sondern wegen seiner sprachlichen Bodenständigkeit. Zum Freiherrn von Weizsäcker samt seiner Grandezza schaute man auf, dem Bürger Köhler blickt man auf gleicher Höhe in die Augen. Dazu passt seine Biografie: Ein Flüchtlingskind mit einer auf Fleiß und Bildung fußenden Karriere wie aus dem sozialdemokratischen Lehrbuch. Schließlich definiert Köhler sich populär, paktiert mit dem Volk gegen die Parteien. Seine Themen setzt er, wie er will: Afrika etwa. Mit der Kapitalismus-Krise hat er Fortune: davon versteht der Ex-Finanzmann etwas, und den erlernten Neoliberalismus hat er längst zu Gunsten einer mittelinken Grundmelodie abgelegt. Köhler ist, neudeutsch: authentisch. Alles zusammengenommen unterstreicht nur, weshalb die Idee des Ex-SPD-Vorsitzenden Kurt Beck so schlecht nicht war, auf die Aufstellung eines eigenen Kandidaten zu verzichten.
Gesine Schwan war einmal eine sehr konservative Sozialdemokratin, weshalb sie vom linken Establishment am Berliner Otto-Suhr-Institut bekämpft wurde. Später flog sie aus der SPD-Grundwerte-Kommission; Egon Bahrs Kurs zwischen Entspannung und Anbiederung an die SED-Kommunisten war ihr zu irrlichternd. Heute irrlichtert Schwan so wie Bahr früher, mindestens: um der Stimmen der Linkspartei wegen vermag sie in der Gott sei Dank untergegangenen DDR einen Unrechtsstaat nicht zu entdecken. Würde sie gewählt, nähme SPD-Kandidat Steinmeier Schaden: Wie wollte er noch erklären, mit der Linkspartei nichts anfangen zu wollen? Vor allem dieser Umstand macht Köhler zum Favoriten.
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