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WAZ: Angela Merkel besucht Obama - Ein Partner zweiter Klasse - Leitartikel von Markus Günther
Essen (ots)
Heute macht sich Kanzlerin Angela Merkel nach Washington auf. US-Präsident Barack Obama ist schon fast ein halbes Jahr im Amt - für Merkels ersten Besuch ist es reichlich spät; das wird als Zeichen dafür gedeutet, dass das Verhältnis der beiden nicht gut ist. Da mag etwas dran sein. Beide sind aber viel zu professionell, um sich von kleinen Enttäuschungen und Eifersüchteleien leiten zu lassen. Sie sind beide an einem guten, das heißt: sachorientierten Verhältnis interessiert.
Wer in den letzten zehn Jahren die amerikanische Politik aus der Nähe verfolgt hat, konnte dabei eine Beobachtung machen, die erstaunlich wenig mit dem jeweiligen Präsidenten und Kanzler zu tun hat, aber um so dramatischer ist für das deutsch-amerikanische Verhältnis: Deutschland ist für die USA einfach nicht mehr so wichtig.
Seit Ende des Kalten Kriegs hat das politische Amerika das Interesse an Deutschland verloren, nicht vollständig, aber zu einem großen Teil. Amerikas außenpolitische Interessen haben sich verlagert. China und Indien werden als neue Wirtschafts- und Weltmächte genau beobachtet, die Auseinandersetzung mit dem Islam und der arabischen Welt dominiert die politischen Debatten, die Krisenherde Iran und Nordkorea machen Angst, der Dauerkonflikt in Nahost fordert die volle Aufmerksamkeit. Deutschland ist ein wichtiger Partner, aber eben doch nur noch ein Partner zweiter Klasse.
Dieses Eingeständnis sollte den Stolz deutscher Politiker nicht verletzen, denn es hat auch viel für sich: Deutschland wird nicht länger als Problem oder Gefahr wahrgenommen. Das schwindende amerikanische Interesse spiegelt somit auch die politische und soziale Stabilität des wiedervereinigten Deutschland wider.
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