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WAZ: Einwurf der Bundesbank - Die Rente und die Heuchelei. Leitartikel von Frank Stenglein

Essen (ots)

Es stimmt schon: Von Bankern möchte man zurzeit eher
etwas über die Neuordnung der Finanzmärkte hören, weniger über 
sozialpolitisch brisante Fragen. Die Zukunft der gesetzlichen Rente 
gehört eindeutig nicht zum Kerngeschäft der Bundesbank. Dennoch trägt
die einhellige Empörung von Politik, Gewerkschaften und Verbänden 
Züge von Heuchelei. Dass der Generationenvertrag aus den Fugen 
geraten ist, dass immer weniger Beitragszahler immer mehr Rentner 
finanzieren müssen, dass den Jungen Überforderungen drohen - all das 
sind schließlich keine neuen Erkenntnisse.
Natürlich weiß kein Mensch, ob wir im Jahr 2040, wenn die Rente 
mit 67 längst die Regel ist, über einen noch späteren Ruhestand reden
müssen. Möglich ist das aber allemal, und das Nachdenken darüber ist 
jedenfalls kein Verbrechen. Die grobe Richtung ist ja unstrittig: Die
Menschen werden zu ihrem Glück immer älter - mit den entsprechenden 
Folgekosten für das Renten- und übrigens auch das Gesundheitssystem. 
Gleichzeitig sinkt die Zahl der Erwerbstätigen, die das irgendwie 
erarbeiten müssen. Man braucht kein Bundesbanker zu sein, um hier ein
Problem zu erkennen.
Viele Politiker wollen es im Moment so genau nicht wissen. Das 
bekam Bundesfinanzminister Peer Steinbrück zu spüren, als er die 
Rentengarantie seines Ministerkollegen Olaf Scholz zu Recht als 
"grenzwertig" kennzeichnete. Scholz polemisierte gegen "schlaue 
Professoren", gegen deren Zahlen er die Macht des Gesetzes setzen 
werde. Ein starker Auftritt. Aber auch in Scholzens schöner 
Rentenwelt muss die Balance stimmen, ergibt zwei plus zwei vier.
Die Angst der Politik hat etwas würdeloses, ist aber nicht 
unbegründet. Wahlen stehen vor der Tür, und die Rentner wissen ihre 
Interessen durchzusetzen. Um es klar zu sagen: Dies ist absolut 
legitim. Am Ende sichert allerdings nicht finanzielles Getrickse, 
sondern nur eine funktionierende Arbeitsgesellschaft die 
Altersbezüge. Jeder Jüngere wird gerne für die Älteren Beiträge 
erbringen, sofern auch diese Rücksicht nehmen.
Wer die Beitragslast erträglich halten und dennoch Mini-Renten 
vermeiden will, dem bleibt wohl nur der Weg eines späteren 
Rentenbeginns, wobei die steigende Lebenserwartung Härten abmildern 
kann. Die Arbeitswelt ist darauf noch lange nicht eingestellt, doch 
das muss nicht so bleiben. Die jetzige Rentnergeneration kann sich 
bei all dem beruhigt zurücklehnen. Sie hat weder mit der Rente mit 67
noch gar mit jener hypothetischen ab 69 das Geringste zu tun.

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de

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