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WAZ: Wofür steht eigentlich die CDU? - Merkels Kleider - Leitartikel von Ulrich Reitz
Essen (ots)
Wen hat die Kanzlerin gemeint, als sie auf einer CDU-Veranstaltung in Weimar den folgenden schönen Satz formulierte: "Ab und an könnte uns ein Schuss der Improvisationsfähigkeit, der Risikobereitschaft und der Leidenschaft der Anfangsjahre auch in der heutigen Zeit nicht schaden." Hat Angela Merkel diese Aufforderung an uns gerichtet? Oder hat sie ein Selbstgespräch geführt?
Wo ist bei der CDU derzeit die Improvisationsfähigkeit, Risikobereitschaft und Leidenschaft der Anfangsjahre zu spüren? Etwa, als Thüringens Ministerpräsident Althaus aus der CDU-Führung für seine mutige Überlegung abgebürstet wurde, sich endlich vom Soli zu verabschieden? Wie sich Merkel hierzu einließ, ist irgendwie typisch für die Wahlkampf-Präsidial-Kanzlerin der jüngsten Zeit: einerseits, andererseits. Einerseits: Selbstredend könne es keine "endlose Solidarität" mit den Brüdern und Schwestern Ost geben. Andererseits: Die Lasten der Vergangenheit seien nicht "in einigen Jahren abzutragen". Alles klar?
Wie mutig und zukunftsweisend war die CDU, als sie nicht nur die Kopfpauschale strich, sondern dort hinein auch allerhand schrieb, was die Lobbyisten reicher, die Patienten aber ärmer macht (siehe Wirtschaftsteil)? Wie risikobereit war die CDU, als sie aus Opportunismus der SPD so lapidar folgte und die Rentenformel außer Kraft setzte? Derzeit kann die Union froh sein, dass die Konkurrenz von der SPD so alt aussieht. Dass deren Personal, weil schon bei Schröder dabei, nicht verbunden wird mit einem Aufbruch. Dass die Sozialdemokraten kein wegweisendes, die Generationen verbindendes, ja begeisterndes, linkes Projekt haben. Wäre das anders, der Blick würde frei auf die Kleider der Kaiserin.
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