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WAZ: Wie ein Amt den Mann formt - Außenminister Guido W. Leitartikel von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Man wird ihn fast schon beschützen müssen, unseren
neuen deutschen Außenminister. Der derzeitige Hauptvorwurf gegen 
Guido Westerwelle zielt auf seine lustvolle Anpassung an den Rest der
Welt und an sein neues Amt. Guido ist nicht mehr Guido. Aus dem 
Provokateur aus elf Jahren Opposition ist binnen Wochen der Anpasser 
geworden. Gestern im Bundestag war er wieder zu sehen und zu hören, 
der neue Spitzen-Diplomat.
Man stelle sich einen traurigen Moment lang vor, es wäre 
andersherum gekommen. Und der alte Guido wäre identisch mit dem neuen
Guido. Ein deutscher Elefant im globalen Porzellanladen. Was gäbe das
für fröhliche Schlagzeilen: Westerwelle brüskiert Washington wegen 
Opel. Westerwelle hält Sarkozy einen Rückfall in Nationalismus vor. 
Westerwelle belehrt Holländer über deren wahre Bedeutung. Westerwelle
droht dem Iran mit der Bundeswehr. Und so weiter. Ein deutscher 
Außenminister hat das Zeug dazu, in sehr kurzer Zeit sehr viel 
Glasschaden zu erzeugen.
Das hat Westerwelle bislang vermieden. Gemessen an der 
zerstörerischen Alternative, keine schlechte Leistung. Westerwelles 
Vorbild als Außenminister heißt Genscher, und der war, obwohl 
Weltmeister der wichtigtuerischen Unverbindlichkeit, am Ende seiner 
Amtszeit reichlich beliebt. Die Deutschen verbanden mit Genscher die 
Gewissheit, im Ausland anerkannt, gehört und geachtet zu werden. Für 
eine größere Mittelmacht mit zweifelhafter Vergangenheit, Verursacher
dreier Kriege aus nationaler bzw. nationalistischer Aufwallung (den 
deutsch-französischen Krieg 1870/71 muss man mindestens aus Pariser 
Sicht mitrechnen) das Optimum des Erreichbaren.
Genscher-Deutschland war Europas Mitte. Und wenn sich Westerwelle
dasselbe vorgenommen hat, wäre nichts dagegen einzuwenden. Ein 
Lautsprecher als Bundesaußenminister käme einem tiefgreifenden 
Verstoß gegen die deutschen Interessen gleich. Niemals darf einem 
deutschen Außenminister Parteipolitik vorgeworfen werden. Jene, die 
Westerwelle den patriotischen Akt vorwerfen, sein Parteibuch an der 
Tür zum Außenamt abgegeben zu haben, trauern um die entgangene 
Möglichkeit, einen deutschen Rumpelstilz in Grund und Boden stampfen 
zu können. Sollte Westerwelles Karriere im Außenamt auch nur 
annähernd wie die von Genscher verlaufen, es wäre folgenlos für die 
FDP, aber gut für den Mann und gut für das Land.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de

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