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WAZ: Ausbrecher von Aachen gefasst - Der Dank gilt nur der Polizei. Leitartikel von Dietmar Seher

Essen (ots)

Die Ausbrecher von Aachen haben das Land 120 Stunden
lang in Atem gehalten. Sie haben unschuldige Geiseln genommen, 
Menschen bedroht und genötigt. Sie haben nicht nur denen Angst 
gemacht, die ihnen der Zufall in die Arme trieb. Mehr als sonst 
üblich werden ein langes Wochenende über viele Gartenpforten und 
Haustüren doppelt verschlossen gewesen sein.
Vorbei. Erst ging Michael Heckhoff ins Netz, gestern Peter Paul 
Michalski. Beide sind Schwerstkriminelle, hatten schon vor dem 
Ausbruch wenig Chancen, je wieder legal frei zu kommen. Für sie ist 
Lebenslang lebenslang. Verurteilungen wegen der Straftaten, die mit 
dem Ausbruch verbunden waren, werden sie nicht tiefer treffen können.
Wenn zwei kriminellen Großkalibern wie Heckhoff und Michalski die
Flucht aus dem wohl bestgesicherten Gefängnis in Nordrhein-Westfalen 
glückt, haben andere Anlass zu schwitzen. Chefetagen im Strafvollzug,
auch in der Politik. Denn der Kernauftrag einer Haftanstalt, Bürger 
draußen vor gefährlichen Tätern zu schützen, blieb hier in 
sträflicher Weise unausgeführt. Mögen viele Fragen ungeklärt sein: 
Ein lapidares "Mist passiert eben" reicht nicht als Antwort. Es gibt 
eine Verantwortung an höherer Stelle, wenn ein - möglicherweise 
bestochener - Wachmann mit seinen Gefangenen durch fünf Türen 
marschiert, sie Waffen kapern und dann laufen lässt. In den 
Risikoszenarien muss so einem Fall vorgebeugt werden. Und ist es 
nicht erstaunlich, wenn polizeiliche Vernehmungsprotokolle des 
Haupttäters in die Öffentlichkeit geraten? Das erste Defizit 
gefährdet die Sicherheit. Das zweite ist zumindest gegen das Gesetz. 
Der Landtag muss viel aufklären.
Der Fall Aachen gibt Anlass, Sicherheitsanstrengungen zu 
verstärken. Der Strafvollzug in NRW ist nicht perfekt. An manchen 
Stellen ist die Überwachung noch löchrig wie ein Schweizer Käse, auch
wenn seit dem Foltermord von Siegburg schon vieles besser wurde. Fast
flächendeckend nicht im Griff sind: Überbelegung, interne Gewalt, ein
exzessiver Drogenkonsum wie in Kleve und Bochum, ein Mangel an 
Arbeitsmöglichkeit für die Gefangenen, sogar die äußere Sicherheit 
wie in Dortmund. All das sind kritisch erwähnte Entwicklungen im 
Bericht der Werthebach-Kommission, der gerade zwei Jahre alt ist. Die
Landesregierung hat also noch manchen Job zu erledigen.
Unangefochten gut gearbeitet haben offenbar die Polizisten vor 
Ort. Sie bügelten Fehler aus, die andere machten. Sie stellten die 
Sicherheit wieder her. Dafür: Danke.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de

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