Westdeutsche Allgemeine Zeitung
WAZ: Vor Dreikönig und Kreuth - Wenn CSU und FDP bellen. Leitartikel von Ulrich Reitz
Essen (ots)
Nichts gegen Folklore. Volkstümliche Veranstaltungen wie der Karneval etwa stiften Identifikation, von Köln bliebe ohne das närrische Treiben kaum mehr als der Dom (immerhin!). Folklore gibt es auch in der Politik; und die steht nun unmittelbar bevor. Sie heißt dann Dreikönigstreffen und ist liberal, oder Kreuth und gehört der CSU.
Beide Veranstaltungen ließen sich als karnevalistisch abtun, nähmen es die Veranstalter damit nicht so bierernst. Für die FDP ist Dreikönig der prominenteste Platz zur liberalen Rückversicherung, für die CSU ist Kreuth der Ort der Emanzipation vom eigenen Trauma: als Bayernpartei in der Bundespolitik nichts zu zählen. In Kreuth wurde schon Parteigeschichte geschrieben, als vor 34 Jahren die Christsozialen unter Franz Josef Strauß laut ankündigten, die Fraktionsgemeinschaft mit der CDU aufzukündigen, um dies später leise zu vergessen. Politisch bedeutender war das Örtchen nie.
Beide Veranstaltungen folgen in diesem Jahr einer besonderen Dramaturgie. Die FDP ist nach zwölf Jahren wieder einmal Regierungspartei und auch die CSU will ihre Anhänger überzeugen, dass Schwarz-Gelb für Deutschland ein Fortschritt ist. Eben hier liegt das Problem. Und die Ursachen dafür muss man bei jenen suchen, die sich in den kommenden Tagen feiern wollen, am meisten bei den Liberalen.
Aber zunächst zur CSU. Der letzte Vorschlag dieser phantasiebegabten Partei lautete, die Position eines zweiten Vizekanzlers einzuführen. Einen Kandidaten gab es auch schon: den Baron Guttenberg. Wer sich in der CSU auskennt, wird darin sogleich den Versuch der innerparteilichen Gegner des Verteidigungsministers wittern, diesem maximal zu schaden. Die CSU ist seit jeher eine Partei, in der die gepflegte Intrige ihre Heimat hat. Leider findet sich die angestrebte Position in der Verfassung nicht. Nicht einmal ein netter Versuch also.
Die Liberalen reiten ihr Steckenpferd, die Steuersenkung. Allerdings haben sie kein Konzept, besonders keines dafür, woher das Geld dafür kommen soll. Parteichef Westerwelles Hinweis, dies sei partnerschaftlich vereinbart, zählt nur bedingt: Die Kanzlerin hat dem wohlfeilen Versprechen stets einen Finanzierungsvorbehalt hinterhergeschickt. Die ersten Freidemokraten trauern dem einzigen Finanzmann von Rang, Solms, hinterher. Der FDP geht es, seit sie Regierung ist, nicht mehr so gut, der CSU schon länger nicht. Dreikönig und Kreuth sollen das lautstark wegbluffen. Ein allzu plumper Vertuschungsversuch. Er wird scheitern.
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