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WAZ: Wenn der Tod mitspielt - Kommentar von Reinhard Schüssler

Essen (ots)

Hannover 96 hat seit Robert Enkes Tod in der
Bundesliga kein Spiel mehr gewonnen. Natürlich greift es zu kurz, die
Misserfolgsserie allein auf die Folgen einer traumatisierten 
Mannschaft zurückzuführen. Aber der Zusammenhang zwischen der 
Tragödie um den Torwart und der sportlichen Talfahrt seines Klubs ist
auch nicht komplett von der Hand zu weisen.
Trauerbewältigung ist eine der privatesten Sachen von Menschen. Sie 
führt zu höchst unterschiedlichen Ergebnissen. Die einen stürzt sie 
in Selbstzweifel und Depressionen, andere wiederum schöpfen sogar 
Kraft daraus, weil sie danach bewusster leben. So oder so: Niemand 
weiß vorher, wie er auf eine solche Situation reagieren wird. Das ist
im Sport nicht anders als im übrigen Leben.
Die deutsche Handball-Nationalmannschaft hätte - nach den Erfahrungen
der ersten EM-Spiele - vermutlich auch ohne die Nachricht vom 
Krebs-Tod ihres ehemaligen Mitspielers Oleg Velyky gegen den 
Weltmeister und Olympiasieger Frankreich verloren. Aber wer wollte 
ausschließen, dass der Schock nicht doch das letzte Prozentpünktchen 
in diesem Duell ausgemacht hat?
Anders als die Fußballer bei Robert Enke, dessen tragische Umstände 
im Sport beispiellos sind, traf die Handballspieler der Tod ihres 
langjährigen Kameraden nicht unvorbereitet. Aber immer mit dem 
Schlimmsten zu rechnen, ist etwas anderes als dann die Endgültigkeit 
akzeptieren zu müssen. Es mildert den Schock, aber nicht die Trauer.
Auch wenn Enke und Velyky nicht vergleichbar sind - der Tod von 
jungen Hochleistungssportlern, die mitten im Leben standen, berührt 
die Menschen extrem. Weil gerade diese mit Krankheiten am wenigsten 
in Verbindung gebracht werden. Aber auch, weil sie daran erinnern, 
wie nichtig sportliche Niederlagen und Rückschläge im Vergleich zu 
wirklichen Tragödien sind.
So gesehen kann es eben selbst im Abstiegskampf für Hannover 96 keine
"Schicksalsspiele" geben - mögen es uns diverse Medien durch 
fahrlässigen Umgang mit Floskeln demnächst auch wieder suggerieren.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de

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