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WAZ: Teure Gesundheit - Keiner will's gewesen sein. Leitartikel von Stefan Schulte

Essen (ots)

Es scheint unendlich schwer zu sein, einfache
Wahrheiten auszusprechen. Dass in einer Gesellschaft, die älter und 
älter wird, die Gesundheitskosten steigen, ist so eine. Hier und da 
sagen das Politiker in Talkshows und Hintergrundrunden, aber sobald 
das Tagesgeschäft nach Attacke verlangt, setzen die üblichen Reflexe 
ein. Nun erheben also die ersten Krankenkassen Zusatzbeiträge. Das 
ist das logische Ergebnis der schwarz- roten Reform namens 
Gesundheitsfonds. Und wie reagieren die Parteien?
Die SPD hat kein Problem damit, dies missliche Ding dem neuen 
Gesundheitsminister der Liberalen zuzuschreiben. Die Union geht in 
Deckung und die FDP spricht von einer schweren Hypothek, die Ulla 
Schmidt (SPD) hinterlassen habe. Das ist nicht minder verlogen, 
schließlich würde die FDP am liebsten ganz auf Kopfpauschalen 
umstellen. Die (noch) kleinen Zusatzprämien von acht Euro sind also 
ein höchst willkommener Testlauf für Rösler und seine große 
Kopfpauschale. Heimlich dürfte er Ulla Schmidt dafür danken.
Die Menschen haben nichts von all dem Schuldabweisen. Ihnen sind 
Beitragserhöhungen allzu vertraut, nur werden ihnen zum ersten Mal 
nicht ein paar Zehntelprozente auf den Beitragssatz geschlagen, 
sondern nackte Euro verlangt. Das trifft Geringverdiener besonders 
hart. Hier hat Rösler ganz recht, wenn er sagt, kleine Pauschalen 
ohne Sozialausgleich seien ungerechter als große Pauschalen mit 
Sozialausgleich. Doch so unbeteiligt, wie er tut, ist der 
Jungminister keineswegs. Seine erste und vornehmste wichtigste 
Aufgabe sollte es sein, die Belastungen so gering wie möglich zu 
halten. Bisher hat er dafür nicht das Geringste getan. Rösler 
versteift sich auf die nächste Finanzierungsreform. Wichtiger als 
immer nur zu überlegen, wie das viele Geld am besten eingesammelt 
wird, wäre der kritische Blick, ob wirklich jeder Euro sinnvoll 
ausgegeben wird. Das System hat noch Reserven. Zu wenige, um auf 
Dauer zu verhindern, dass es teurer wird. Aber genügend, um die 
Bürger nicht über Gebühr zu belasten.
An den Arzneikosten will Rösler sparen, hat er nun angekündigt. 
Das ist schön, passt aber nicht dazu, dass er gerade den 
profiliertesten Pharmaprüfer rausgeworfen hat. Alle anderen Vorhaben 
des Ministers verursachen nicht weniger, sondern mehr Kosten: Er will
den Versandhandel in Drogerien verbieten, Rabattverträge erschweren 
und verspricht Nachbesserungen bei den Ärztehonoraren. Für jede Lobby
ein Bonbon, nur keines für die Versicherten. Die dürften den seltenen
Wunsch hegen, dass ein Minister möglichst viele Wahlversprechen 
bricht.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de

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