All Stories
Follow
Subscribe to Westdeutsche Allgemeine Zeitung

Westdeutsche Allgemeine Zeitung

WAZ: Das letzte Aufgebot für Afghanistan - Der Fahrplan ins Nirgendwo - Leitartikel von Dirk Hautkapp

Essen (ots)

Wenn Regierende nicht weiter wissen, kleiden sie
ihre Ratlosigkeit in "Roadmaps". Straßenkarten, die mit etwas Glück 
irgendwann zum Ziel führen. Frieden zum Beispiel. Die "Roadmap", die 
gestern die westliche Staatengemeinschaft für Afghanistan entworfen 
hat, enthält gewiss viel Richtiges. Nur viel zu spät. Auch darum 
führt sie ins Nirgendwo.
Was in acht Jahren nie funktioniert hat, soll im Eiltempo gelingen. 
Weil sonst bei Wahlen in Amerika wie Europa das innenpolitische 
Fallbeil auf die Verantwortlichen hinabsaust. Darum der Wettstreit um
den schnellsten Abzug der Militärs. Dabei räumen alle Fachleute ein, 
dass Afghanistan auch in 30 Jahren nicht auf eigenen Beinen stehen 
wird; in jeder Beziehung.
Trotzdem tönt es jetzt im Basta-Ton eines verzweifelten Managers, dem
die Abwicklung droht: Weg mit dem Bürgerkrieg, in dem die 
Unversehrtheit des einzelnen nichts gilt! Weg mit der alles 
zersetzenden Korruption und dem Drogenanbau! Her mit innerer 
Sicherheit und berechenbarem Justizwesen! Her mit auskömmlichen 
Arbeitsplätzen. Weg mit Willkür und Despotismus! Her mit gutem 
Regieren und der Versöhnung der Volksgruppen! Und zwar dalli. In der 
Problemanalyse ist die Staatengemeinschaft nicht schlecht, bei der 
Erledigung grottenschlecht.
Der Yes-we-can-Idealismus, der noch nach jeder Afghanistan-Konferenz 
seit 2001 ein neues Zaubermittel gebar, zeigt vor Ort keine Wirkung. 
Wie auch. Wo (immer noch) kein Staat ist, ist auf die Schnelle kein 
(besserer) Staat zu machen. Nicht mit einem Präsidenten Karsai, der 
in London wieder das Blaue vom Himmel versprochen hat. Was ihn nicht 
davon abhält, Korruption wie Wahlbetrug zu dulden und dubiose 
Kriegsherren um sich zu scharen.Die gegen Einflüsterungen von außen 
imprägnierte Stammesgesellschaft Afghanistans hat mit selbst 
ernannten Befreiern, die meist als Besatzer endeten und blutig 
vertrieben wurden, längere Erfahrung als die Deutschen mit der 
Demokratie.
Auch darum werden weiter viele punktuelle Initiativen des Westens, 
neue Straßen, Stromversorgung, Krankenhäuser und Schulen etwa, in der
großen Misere untergehen. Oder sie noch verstärken. Der Plan, die 
Taliban zu spalten, in dem man die "bösen" weiter tötet und die 
"guten", die Besserung geloben, mit Geld belohnt, ist töricht. Die 
spirituellen Führer der Taliban werden sich, einige hundert 
Überläufer eingepreist, die Hände reiben. Afghanen, lautet ein 
Sprichwort, kann man mieten. Niemals kaufen. Das aus islamischer 
Sicht vollständig unmoralische Angebot des Westens kann den Radikalen
noch mehr Zulauf verschaffen.

Pressekontakt:

Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de

Original content of: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, transmitted by news aktuell

More stories: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
More stories: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
  • 28.01.2010 – 19:34

    WAZ: Die Nachhilfe boomt - Retter in der Not - Leitartikel von Theo Schumacher

    Essen (ots) - Die Halbjahreszeugnisse, die es heute an den NRW-Schulen gibt, werden den ohnehin boomenden Nachhilfemarkt aufs Neue ankurbeln. Wenn das Sitzenbleiben droht, sehen viele Eltern den Nachhilfelehrer als letzten Retter in der Not, um ihr Kind im Sommer doch noch über die Versetzungshürde zu hieven. Sie kaufen, wenn man so will, individuelle ...

  • 28.01.2010 – 19:10

    WAZ: Van Dinther kassierte 30.000 Euro für Mitgliedschaft im RAG-Regionalrat

    Essen (ots) - Essen. NRW-Landtagspräsidentin Regina van Dinther hat für ihre Mitgliedschaft im Regionalbeirat NRW der RAG doppelt so viel Geld kassiert wie zunächst von der Landesregierung mitgeteilt wurde. Die CDU-Politikerin erhielt für 2008 und 2009 nicht jeweils 15.000 Euro, wie aus einer Antwort auf eine Anfrage von Grünen-Fraktionsvize Reiner Priggen ...

  • 28.01.2010 – 18:21

    WAZ: Angewiesen auf die Großeltern - Kommentar von Birgitta Stauber-Klein

    Essen (ots) - Die Großfamilie funktioniert nicht nur, sie spielt sogar eine wichtige, womöglich entscheidende Rolle bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Generationen verstehen sich offenbar prima - wenn das keine gute Nachricht ist. Bei allem Jubel: Was die Ravensburger Studie zur Rolle der Großeltern bei der Kinderbetreuung herausgefunden hat, ...