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WAZ: Gesundheitsreform in den USA - Obamas Mut wird belohnt. Leitartikel von Joachim Rogge

Essen (ots)

Yes, er kann es doch. Der Mut zum Risiko hat sich
für US-Präsident Barack Obama ausgezahlt. Fast schon abgeschrieben 
und als charismatischer Festredner im zynischen Washington belächelt,
hat sich Obama gegen alle Widerstände bis in die eigenen Reihen 
hinein durchgesetzt. Mit knapper Mehrheit, aber immerhin, hat er mit 
einer gehörigen Portion Machtbewusstsein seine Gesundheitsreform 
durch den Kongress gedrückt.
Dass ihm dies tatsächlich gelingen kann, hatte noch vor 
Monatsfrist kaum jemand mehr erwartet. Nach 14 mehr oder minder 
glücklosen Monaten im Amt kann Obama nun endlich den herausragenden 
innenpolitischen Erfolg vorweisen, den er zum politischen Überleben 
so dringend braucht. Wäre das Ergebnis anders ausgefallen, hätte 
Obama seine Ambitionen praktisch schon im zweiten Amtsjahr zu Grabe 
tragen können. Der Sieg seines Lagers wird ihm jetzt neuen Rückenwind
verschaffen, sich auch um die anderen Baustellen Amerikas, vom 
Klimaschutz über Finanzmarktregeln bis zur Einwanderung, zu kümmern.
Tatsächlich wird Amerikas erster schwarzer Präsident jetzt in die 
Geschichte seines Landes als der Mann eingehen, der die größte 
Sozialreform in den USA seit den 60er-Jahren durchgesetzt hat. Andere
Präsidenten vor ihm, besonders Parteifreund Bill Clinton, hatten sich
bei ähnlichen Versuchen noch blutige Nasen geholt. Zwar ist die 
Gesundheitsreform nur ein Schatten des großen Wurfs, den Obama 
ursprünglich geplant hatte. Auch künftig werden längst nicht alle 
Amerikaner krankenversichert sein. Doch gemessen am sozial rüden 
Ist-Zustand stellt die Reform einen historisch bedeutsamen Markstein 
für die USA dar.
Die gut einjährige Debatte mit ihren schrill-aggressiven Tönen hat
das Land zutiefst gespalten. Dieser Graben wird sich nicht über Nacht
wieder zuschütten lassen.  Amerikas Parteien und ihre Anhänger sind 
in erschreckender Weise auseinandergedriftet. Auf der Zielgeraden 
agierte auch Obama als kühler Machtpolitiker, der um fast jeden Preis
ans Ziel will. Selbst die Demokratische Partei steht alles andere als
geschlossen hinter dem Prestige-Projekt ihres Vormanns im Weißen Haus
und muss überdies aus guten Gründen fürchten, bei den 
Kongress-Zwischenwahlen im November den Preis für die Ambitionen 
ihres Präsidenten zu bezahlen. Die oppositionellen Republikaner 
werden alles daran setzen, die anhaltende Empörung weiter zu schüren.
Obamas Sieg ist ein persönlicher Triumph des Präsidenten. Das 
innenpolitische Klima aber bleibt gereizt, die Gesellschaft 
gespalten. Das wird auch Obama noch lange belasten.

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de

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