Westdeutsche Allgemeine Zeitung
WAZ: Zeit für die Wahrheit - Kommentar von Dirk Graalmann
Essen (ots)
Das Ende ist nah. Aus dem von Schalkes Aufsichtsrats-Chef Clemens Tönnies angekündigten "Gespräch unter Männern" wurde im Beisein kundiger Juristen ein Treffen in einer Düsseldorfer Anwaltskanzlei. Allein der Ort der Begegnung zwischen den beiden Schalker Alphatieren macht deutlich: Am Sonntag hat die große Pokerpartie begonnen. Jetzt wird um die Modalitäten des Abgangs von Trainer/Manager/Vorstand Felix Magath gerungen. Eine Beziehung, die einst als Traumehe angepriesen wurde, endet vor dem Scheidungsrichter. Unklar ist einzig, wer die Kosten des Verfahrens trägt und ob die beiden Ehepartner nun eine ganze Ladung voller Schmutzwäsche auspacken oder sich die Partein auf einen öffentlichen Waffenstillstand einigen. Magath, der schon am Freitag in Anspielung auf seinen möglichen Nachfolger Otto Rehhagel ("Bitte nur Fragen zum Spiel, damit Sie sich schon mal dran gewöhnen können") seinen feinen Sinn für boshafte Nadelstiche unterstrichen hat, ist bekannt für seine Konsequenz. Er wird das Schlachtfeld nicht ohne weiteres kampflos räumen. Auf der anderen Seite steht der Aufsichtsratschef Clemens Tönnies, der seit dem Mittwoch weitgehend zur Causa Magath geschwiegen hat. Die Frage, warum Tönnies mehr oder minder tatenlos mitangesehen hat, wie Magath immer perfekter die Rolle des unverstandenen Heilsbringers gespielt hat, lässt sich bisher nur durch zwei Interpretationen beantworten: Entweder Tönnies fehlte plötzlich der Mut zum klaren Schnitt - oder aber die Schalke-Führung suchte nach einem juristischen Weg, um die Trainer-Frage zu lösen, ohne die satte Abfindung in wohl zweistelliger Millionenhöhe zahlen zu müssen. Wer sich im knallharten Fleisch-Business durchzusetzen weiß, für den dürfte mangelnder Mumm eher keine relevante Größe sein. Sollte Magath aber tatsächlich, wie öffentlich seit Tagen unwidersprochen kolportiert, gegen die Satzung verstoßen haben, würde dies die zweite Variante stützen. Bis dato hat es die Vereinsführung mit ihrem ungelenk wirkenden Krisenmanagement vermocht, ausgerechnet aus dem distanziert-kühlen Magath in der öffentlichen Wahrnehmung einen Märtyrer zu schnitzen. Wenn der Klub diesem Eindruck noch entgegenwirken will, muss Tönnies seine Karten in diesem Pokerspiel früher oder später offenlegen. Lautlos wird es nicht mehr gehen. Nun muss die ganze Wahrheit auf den Tisch.
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