Westdeutsche Allgemeine Zeitung
WAZ: Im Zweifel geht der Schutz vor - Kommentar von Walter Bau
Essen (ots)
Die Sicherungsverwahrung ist die schärfste Waffe der deutschen Justiz gegen gefährliche Schwerverbrecher. Wenn das Verfassungsgericht nun klar definierte und am Grundgesetz ausgerichtete Regeln für diese Sanktion fordert, ist das zu begrüßen. Schon viel zu lange ist die Sicherungsverwahrung mit dem Makel des Ungefähren behaftet. Sicherungsverwahrung ist keine Haft. Ihr Sinn ist nicht Strafe, sondern Therapie. Sie darf nicht nach dem Motto "Abschließen und Schlüssel wegwerfen" funktionieren, sondern muss dem Täter eine zumindest halbwegs realistische Perspektive auf ein Leben in Freiheit bieten. Und hier beginnt das Problem. Es ist heute unbestritten, dass es - gerade unter Sexualverbrechern - Täter gibt, die nicht therapierbar sind und eine dauerhafte Gefahr für die Allgemeinheit darstellen. Dies zu erkennen, ist aber selbst für ausgewiesene Experten oft schwierig bis unmöglich. Letztlich gibt es eben keine Garantie dafür, dass nach der Freilassung eine neue Straftat ausgeschlossen ist. Deshalb muss die Politik jetzt nicht nur einen verfassungsfesten Rahmen schaffen. Sie muss dabei auch klar formulieren, dass im Zweifelsfall der Schutz der Bevölkerung immer Vorrang hat vor dem Freiheitsrecht etwa eines Vergewaltigers oder Kinderschänders. Eine Umkehr dieses Prinzips wäre unverantwortlich.
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