Westdeutsche Allgemeine Zeitung
WAZ: Es friert, wenn Rösler menschelt. Kommentar von Stefan Schulte
Essen (ots)
Unwürdiger kann Politik nicht mit Menschen umgehen. Das grausame Geschacher der Bundesländer um das Schicksal tausender Frauen sprengt jedes Vorstellungsvermögen demokratischer Untiefen. Am Ende senkten drei Landesminister mit FDP-Parteibuch den Daumen. Dass die ganze Republik auf sie schaute, muss sehr erhebend gewesen sein. Dabei lässt sich trefflich über Sinn und Unsinn von Transfergesellschaften streiten. Die einen sehen sie als Chance für die Betroffenen, die anderen als Privileg für Großunternehmen, das kleinen Pleitiers verwehrt bleibt. Beide Positionen lassen sich vertreten. Was sich nicht vertreten lässt, sind Scharfrichter-Gebärden von Randfiguren. Die liberalen Minister in Niedersachsen und Sachsen wussten, dass sie für die große Mehrheit in NRW und Süddeutschland mitentscheiden. Ihre Macht entsprang allein dem Zwang der Länder zur Einstimmigkeit. So brutal, so falsch kann Föderalismus sein. Wie man all das noch schlimmer machen kann, bewies FDP-Chef Rösler. Er hätte die Marktwirtschaft hochhalten können, hätte gegen falsche Subventionen und für Chancengleichheit des Mittelstands zu Felde ziehen können. Stattdessen trat er erst nach und bewarb sich anschließend um das Unwort des Jahres 2012. Sie sollten "schnellstmöglich eine Anschlussverwendung finden", riet er den Frauen. So kalt klang Anteilnahme noch nie.
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