Westdeutsche Allgemeine Zeitung
WAZ: Französisches Duell ohne Sieger. Kommentar von Gerd Niewerth
Essen (ots)
Die Franzosen hatten ihr Abendessen noch nicht ganz verspeist, da wurde ihnen als Nachspeise ein ganz besonderer medialer Leckerbissen aufgetischt: Sarkozy gegen Hollande - das TV-Duell zwischen dem angezählten Präsidenten und dem favorisierten Herausforderer. Jeder dritte Franzose verfolgte kurz vor der Stichwahl diesen aufwändig inszenierten und erbittert geführten Schlagabtausch. Nur: Entscheiden Medienspektakel wie diese wirklich darüber, wer demnächst in den Elysée-Palast einzieht? Präsidentschaftswahlen in Frankreich sind reine Persönlichkeitswahlen. Das Charisma eines Kandidaten zählt mehr als das Wahlprogramm seiner Partei. Wer in Paris an die Macht will, schafft es nicht durch umständliche und nervenaufreibende Koalitionsverhandlungen. Er muss die Wähler und Zuschauer unmittelbar überzeugen und mitreißen. Erst recht jene, die nicht zu seinem Lager gehören bzw. Protest- oder gar Nicht-Wähler sind. Eine Gruppe, die auch in Frankreich immer größer wird. Nicolas Sarkozy, obwohl in der Sache oft präziser und überzeugender, hatte seinem Rivalen François Hollande einen K.o.-Schlag verpassen wollen. So wie bei einem Boxkampf. Doch der einst als Weichei und "Flanby"-Pudding belächelte Hollande erwies sich als überraschend zäh und standfest. So endete das Duell für Sarkozy nur unentschieden. Viel zu wenig für den amtierenden Präsidenten, um das Blatt in letzter Sekunde noch wenden zu können.
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