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WAZ: Der Staat lässt die Eltern im Stich. Kommentar von Dietmar Seher

Essen (ots)

Es war kein glimpflicher Ausgang. Die Traumatisierung eines Kleinkindes ist, ungeachtet noch möglicher weiterer körperlicher und seelischer Schäden, von denen wir nichts wissen, schlimm genug. Aber die Entführung auf dem Hamburger Wochenmarkt im Juni 2011, die jetzt bekannt wurde und die die Hansestadt erregt, hätte mit dem Tod des Kindes enden können. Dass dies nicht passierte, ist Zufall, "Glück" oder auch einfach Gottes Fügung. Der Vorgang verpflichtet umso mehr zur Nachfrage. Wie ist es möglich, dass eine "tickende Zeitbombe", wie der Gutachter den 16-jährigen Täter später beschrieb, frei her-umlief? Durfte es sein, dass das Gladbacher Jugendamt, Vormund des Jugendlichen, bundesweit gesucht hat und keinen geschlossenen Therapieplatz finden konnte? Im Bürgerlichen Gesetzbuch steht im Paragrafen 1631 b, dass diese Art der Unterbringung "insbesondere zur Abwendung einer erheblichen Selbst- und Fremdgefährdung erforderlich ist". Sie muss vom Gericht genehmigt werden. Die richterliche Genehmigung lag vor. Dann aber war der Staat nicht in der Lage, das eigene Gesetz zu vollziehen. Es gab - und gibt - nicht genug Plätze dafür. Es ist peinlich für die Glaubwürdigkeit des Gesetzgebers. Und es ist gefährlich, weil der Staat eine Schutzpflicht hat, auf die sich Eltern verlassen können müssen.

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