Westdeutsche Allgemeine Zeitung
WAZ: Mythos Rommel. Kommentar von Christopher Onkelbach
Essen (ots)
Genialer Stratege, wagemutiger Truppenführer, pflichtbewusster Soldat, Bewunderer und Liebling Hitlers, und am Ende ein gescheiterter, verzweifelter Soldat, dem Hitler den Selbstmord befahl. Erwin Rommels Mythos hat den Untergang des Nazi-Regimes überlebt, die Legende vom anständigen General wird bis heute erzählt. Wie kann das sein? Womöglich ist es so: Die Menschen suchen im Rückblick stets das Gute im Bösen. Um sich mit dem Grauen der Vergangenheit und dem Horror vor der eigenen Geschichte leichter versöhnen zu können. Um vielleicht eine Spur von Sinn, von Menschlichkeit in der Sinnlosigkeit des großen Schlachtens zu finden. Rommels Leben eignet sich dafür wie wohl kaum ein zweites prominentes Schicksal dieser Zeit. Es hat tragische, beinahe faustische Dimensionen. Er ist schuldig geworden als Hitlers Stratege, der für seinen Ehrgeiz, für einen Sieg selbstverständlich über Leichen ging, der an Hitlers verbrecherische Visionen glaubte, seine Pläne verwirklichen half und dessen Aufmerksamkeit genoss. Seine rasante Karriere streichelte seine militärische Eitelkeit. Nicht schuldig war er allerdings an Hitlers Wahn, die Juden vernichten zu wollen, als Antisemit galt er nicht, doch aktiv behindert hat er die Vertreibungen nicht. Auch der furchtbare Terror an der Zivilbevölkerung, den deutsche Soldaten im Russlandfeldzug verübten, wird mit seinem Namen nicht in Verbindung gebracht. Ähnliches geschah in der Wüste Afrikas nicht. Auch dadurch erscheint er bis heute als Fremdling in der Mordmaschinerie der Nazis. Was wäre von der Legende geblieben, hätte er im Osten kämpfen müssen? Hitlers Zyankalikapsel machte aus ihm schließlich noch einen Märtyrer. Die historische Forschung zeigte, dass seine Mitwirkung im Widerstand des 20. Juli wohl geringer war, als es die Nachwelt hoffen wollte. Das verdunkelte das Licht auf seine Heldengestalt. Doch Mythen zeichnen sich dadurch aus, dass Fakten ihnen wenig anhaben können. Dass ihn sein militärischer Ehrgeiz mehr interessierte als die Ideologie der Nazis, macht seine Verstrickung aus. So diente der Unpolitische dem Unrechtsregime. Rommel, des Teufels tragischer General - großer Filmstoff ist das allemal.
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