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WAZ: Vater, Mutter, Kinder. Kommentar von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Die Union streitet heftig - Gott sei Dank! Sie hat schon nicht gestritten über den Atomausstieg. Streiten wollte sie auch nicht über das Ende der Wehrpflicht. Oder den Sinn von Mindestlöhnen. Nicht zu streiten, ist keine gute Idee der CDU gewesen. Man kann nämlich nicht mehr sagen, was das ist: die CDU. Nun streitet die Union über die steuerliche und rechtliche Behandlung von Homosexuellen. Wenn eine bürgerliche Partei mit einer irgendwie doch konservativen Prägung und Geschichte nicht mehr streiten würde über die Frage, ob Familie noch heißt: Mutter, Vater, Kinder, könnte sie sich gleich abmelden. Die Auseinandersetzung lohnt sich: Sie führt zu neuen Erkenntnissen. Das Grundgesetz stellt Ehe und Familie unter besonderen Schutz. Es sagt aber nicht, welche Ehe und welche Familie. Heute ist die Patchwork-Familie, die sich über die Jahre mehrfach neu zusammensetzt, akzeptiert. Vor 20 Jahren war sie es noch nicht. So wird es wohl auch mit der Homo-Familie sein. In diesem Sinne wird im Sommer wohl das Bundesverfassungsgericht urteilen. Es ist, nach der gelebten Wirklichkeit homosexueller Paare mit und ohne Kinder, der zweite Schritt zur Akzeptanz. Der dritte ist die weitere Gewöhnung. Familie ist, wo Paare füreinander und für Kinder Verantwortung übernehmen. Entscheidend an diesem Gedanken ist die gegenseitige Verantwortung, nicht das Geschlecht der Verantwortungsträger. Viele in der CDU argumentieren mit dem Kindeswohl. Ein Kind müsse das Recht haben, mit Mutter und Vater groß zu werden. Das allerdings beleidigt Alleinerziehende. Weshalb fordern dieselben in der Union nicht aus Kindeswohl eine Zwangsverheiratung Alleinerziehender? Natürlich, weil das Blödsinn wäre. So wie der Grundgedanke, ein Kind müsse sozusagen aus Vollständigkeitsgründen mit Mutter und Vater groß werden. Sehr viele Kinder im Nachkriegsdeutschland mussten ohne Eltern groß werden. Ihnen psychologisieren wir ja auch nicht persönliche Defizite hinterher. Und der Streit in der Union? Der dreht sich nur um die taktische Frage, ob sie sich zum weitgehend akzeptierten Anschauungswechsel vom Bundesverfassungsgericht zwingen lassen sollte.

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