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WAZ: US-Spione, deutsches Recht - Kommentar von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Man kann nach der Enthüllung des Amerikaners Edward Snowden getrost davon ausgehen, dass britische und amerikanische Spione ein Grundrecht deutscher Bürger verletzt haben. Und doch unternimmt die Bundesregierung bestenfalls halbherzige Versuche, das zu unterbinden. Wie kann das sein? Auch Grundrechte gelten nicht absolut. Die Bundesregierung darf, etwa wenn sie die nationale Sicherheit gefährdet sieht, das Recht der Bürger an den eigenen Daten außer Kraft setzen, sogar weit mehr als das. Noch im April hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, das Bundeskabinett dürfe ein von Terroristen entführtes Flugzeug im Fall einer drohenden Katastrophe abschießen lassen, was das Recht auf körperliche Unversehrtheit nicht nur der Täter, sondern unschuldiger Opfer radikal außer Kraft setzt. So fordert die Bundesregierung auch kein Ende des Abhörens, sondern nur "Verhältnismäßigkeit", also, nicht so viele Daten zu erfassen. Vermutlich wird Berlin selbst damit weder in London noch in Washington Erfolg haben. Das Ausspionieren von (Bündnis-) Partnern ist zwar ein unfreundlicher Akt, aber nach den jeweiligen nationalen Gesetzen gedeckt: nicht legitim, aber legal. Auf der Basis dieser Gesetze verfolgen die Amerikaner den Spion Snowden wegen Spionage. Lassen sich im Streit zwischen Datenschutz und Sicherheit die Gewichte verschieben Richtung Datenschutz? Erstens müsste offen diskutiert werden, ob dies gewollt wird. Die Sicherheitsdienste geben an, weltweit 50 Anschläge verhindert zu haben. Zweitens wäre ein einheitlicher europäischer Datenschutz nötig, ein europäisches Google, ein europäisches Facebook, und so weiter. Und mehr als das: ein Verbotsschild für Google an der europäischen Grenze. Ein Kappen aller Kabel unter dem Atlantik. Alles das ist wenig wahrscheinlich. Deshalb fordert es niemand von Gewicht. Es mag sein, dass viele von uns ein leichteres Lebensgefühl hätten, müssten sie nicht mit Mithörern oder -lesern rechnen. Ob wir sicherer wären, steht auf einem anderen Blatt. Nichtwissen kann eine Gnade sein. Damit ist es, dank Snowden, nun vorbei.

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