All Stories
Follow
Subscribe to Westdeutsche Allgemeine Zeitung

Westdeutsche Allgemeine Zeitung

WAZ: Merkel macht's, mit wem auch immer - Kommentar von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Von Montag an wird Deutschland von einer Großen Koalition unter Führung der Konsens-Moderatorin Angela Merkel regiert. Selbst wenn es für Schwarz-Gelb reicht: die SPD regiert mit. Und zwar nicht nur über den Bundesrat, den die Sozialdemokraten weitgehend beherrschen. Ihr steuerpolitisches Hauptziel zum Beispiel, die Abschaffung der kalten Progression, die die Last der Mittelschicht verringert, kann Merkel ohne die Zustimmung der Länderkammer nicht erreichen. Aber auch im Bundestag geht es nicht ohne SPD. Schon im Frühjahr droht das nächste Euro-Rettungspaket für die Griechen. Merkel wird weite Wege gehen müssen, damit die Sozialdemokraten, deutlich selbstbewusster geworden, noch mal mitziehen. Ihr vielleicht wichtigstes Ziel, die Korrektur der Energiewende, könnte Schwarz-Gelb ohne SPD nicht hinkriegen. Die Kanzlerin bekommt es mit starken und (von Hannelore Kraft) straff geführten Ministerpräsidenten zu tun. Merkel weiß das, schon hat sie angekündigt, die überfällige Energie-Rückwende im überparteilichen Konsens angehen zu wollen.

Was dieser großkoalitionäre Konsenszwang mit einer schwarz-gelben Koalition anrichten würde, kann man sich leicht ausmalen. Zumal in diesem Bündnis hausgemachte Großkonflikte lauern. Es geht um die Rente und die innere Sicherheit, etwa die Vorratsdatenspeicherung. Die Meinungsverschiedenheiten über gesellschaftspolitische Fragen wie das Adoptionsrecht für Schwule oder die Maut bergen viel Sprengstoff wie immer, wenn es auch darum geht, dass irgendwer unbedingt sein Gesicht wahren können muss. Man sieht, es gibt auch jenseits von Wahltaktik für Merkel und Co. gute Gründe, den um Zweitstimmen flehenden Liberalen kühl zu begegnen.

Ob nun eine faktische schwarz-gelbe Große Koalition oder ein tatsächliches schwarz-rotes Bündnis - beides käme Merkels ausgleichendem Naturell, den kleinen Schritten, dem Steuern auf Sicht, entgegen. Irgendwie passt ihr Stil, der Verzicht auf die große Welle, die Freiheit von Profil wie Skandal gleichermaßen, zur gegenwärtigen Stimmung in Deutschland. Irgendwann allerdings wird der Zeitpunkt kommen, an dem sich das Volk von seiner Regierungschefin unterfordert fühlt.

Pressekontakt:

Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion@waz.de

Original content of: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, transmitted by news aktuell

More stories: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
More stories: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
  • 20.09.2013 – 19:03

    WAZ: Klimawandel im Vatikan - Kommentar von Walter Bau

    Essen (ots) - Ausgerechnet in diesen Wahlkampftagen, da hierzulande die Lautsprecher und selbsternannten Unfehlbaren den Ton angeben, meldet sich einer der Großen der Welt zu Wort und bekennt: "Ich bin ein Sünder." Ein Satz - ebenso entwaffnend in seiner Demut wie eindringlich in seiner Schlichtheit. Papst Franziskus bleibt seiner Linie treu. Es ist keine Enzyklika, keine programmatische Rede, sondern "nur" ein ...

  • 20.09.2013 – 16:33

    WAZ: Städte besorgt über RWE-Dividendenkürzung

    Essen (ots) - Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat sich angesichts der geplanten Dividendenkürzung des Essener Energieversorger RWE besorgt gezeigt. "Es sind gerade die Städte im Ruhrgebiet, die ohnehin schon hoch verschuldet sind, die von dieser Dividendenkürzung betroffen sind", sagte Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, der in Essen erscheinenden Westdeutschen ...

  • 19.09.2013 – 18:39

    WAZ: Transparenz erzwingen - Kommentar von Tobias Blasius

    Essen (ots) - Das bundesweit einmalige Transparenzgesetz für die NRW-Sparkassen ist bei seiner Formulierung mit allerlei Erwartungen und Hoffnungen überfrachtet worden. Die Veröffentlichung der Bezüge sollte einen "dämpfenden Effekt" nach sich ziehen und dem Steuerzahler, der ja am Ende das unternehmerische Risiko trägt, neue Kontrolle schenken. Die Realität? Die öffentlich-rechtlichen Banker verdienen gemessen an ...