All Stories
Follow
Subscribe to Westdeutsche Allgemeine Zeitung

Westdeutsche Allgemeine Zeitung

WAZ: Neonazi-Gegner werden diffamiert - Kommentar von Tobias Blasius

Essen (ots)

Wer die Internet-Videos zu den Tumulten am Kommunalwahlabend vor dem Dortmunder Rathaus studiert, erlebt die wehrhafte Demokratie in einer ziemlich handfesten Version. Die Menge wogt hin und her, Fäuste fliegen auf beiden Seiten, Täter und Opfer sind nicht trennscharf auszumachen.

Darf man deshalb Anhänger von Parteien wie SPD, Grünen oder Linken, die sich in einer aufgeheizten Situation einem braunen Mob in den Weg gestellt haben, auf amtlichem Papier als "deutlich alkoholisierte Politiker" bezeichnen? Als Störung der "Amtshandlungen"? Als "bürgerlich/linke Gruppierung", die irgendwie auch nicht anders ist als die "rechte Gruppierung"?

Der Bericht des Innenministeriums zu den Vorkommnissen am 25. Mai ist ein zweiter Faustschlag ins Gesicht der Dortmunder Zivilgesellschaft. Zwölf Seiten Unterrichtung verzerren Ursache und Wirkung. Demokraten, die vorbestrafte Neonazis im Rathaus nicht als Normalfall akzeptieren wollen, verdienen Unterstützung und keine verächtlichen Zeilen. Es dürfen bei aller Unübersichtlichkeit dieses unschönen Wahlabends nicht ausgerechnet jene diffamiert werden, die gegen die Wiedergänger einer menschenverachtenden Ideologie aufstehen.

Selbst wenn im Berichtsdeutsch der örtlichen Polizei einiges verrutscht sein mag, wäre eine korrigierende Bewertung von Innenminister Ralf Jäger zwingend notwendig gewesen. Jäger hat bislang keinen Zweifel gelassen, dass er den Neonazis in NRW "auf die Springerstiefel treten" will, wie er es einmal martialisch formulierte. Er setzte das Verbot der Kameradschaften durch, deren Auffangbecken die Partei "Die Rechte" erst wurde. Verharmlosung extremistischer Tendenzen wird man ihm kaum vorwerfen können.

Falsch verstandene Loyalität mit den Dortmunder Polizisten, die vor Ort die Knochen hinhalten mussten, darf jetzt nicht das große Anliegen einer Stadtgesellschaft diskreditieren: Das Rathaus soll nicht zur Bühne für demokratiefeindliche Propaganda werden. Der Innenminister sollte klarstellen, dass dies auch nie Absicht seiner Ordnungshüter war.

Pressekontakt:

Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion@waz.de

Original content of: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, transmitted by news aktuell

More stories: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
More stories: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
  • 24.06.2014 – 18:42

    WAZ: Netter Treppenwitz: Der DGB klaut eine FDP-Idee - Kommentar von Stefan Schulte

    Essen (ots) - Rente mit 60? Klingt nach linksradikaler Utopie ohne ökonomischen Verstand. War aber noch vor vier Jahren ein Vorstoß der marktliberalen FDP. Seinerzeit in Sack und Asche gehauen als Klientelpolitik für Besserverdiener - weil nur die sich die hohen Abschläge auf eine Teilrente ab 60 leisten könnten. Erster Ankläger damals: der DGB. Was zu seinem ...

  • 23.06.2014 – 19:22

    WAZ: Schwieriger Weg zur Tarifeinheit - Kommentar von Wolfgang Mulke

    Essen (ots) - Eine flächendeckende Tarifeinheit in den Betrieben ist zwar ein wünschenswertes Ziel. Es gäbe weniger Arbeitskämpfe und weniger Lohnzuschläge für besonders kampfstarke Gruppen der Belegschaft. Die erkämpften tariflichen Verbesserungen kämen dann auch allen Beschäftigten eines Betriebs zugute. Lokführer, Piloten oder Ärzte nutzen ihre ...

  • 23.06.2014 – 19:19

    WAZ: Operationen mit vielen Fehlern - Kommentar von Petra Koruhn

    Essen (ots) - Da haben wir eins der besten Gesundheitssysteme der Welt - und dann das: Bei Routine-Operationen geht längst nicht alles glatt. In etwa 2200 Fällen wurde der Verdacht auf einen Behandlungsfehler bestätigt. Experten sagen: Es sind mehr, viel mehr! Verstehen die Ärzte ihr Handwerk nicht? Ach was. Unsere Ärzte sind bestens ausgebildet, aber im Stress. ...