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WAZ: Junckers Sieg, Putins Niederlage - Kommentar von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Die Deutsche Angela Merkel und der Brite David Cameron mögen sich damit trösten, dass ein europäischer Kommissionspräsident so wichtig nun auch wieder nicht ist. Nicht so bedeutend wie ein Kanzler oder ein Präsident und keinesfalls so legitimiert; nämlich gerade nicht durchs Volk gewählt, sondern von den nationalen Regierungschefs bestimmt und später dann vom Europäischen Parlament bestätigt. Die Statik im Haus Europa wird jedenfalls nicht verändert, einen "Putsch" der Euro-Parlamentarier haben die Regierungschefs, Merkel an der Spitze, verhindert. Richtig wichtig im Tagesgeschäft sind die Fachkommissare (für Energie etc.), denen Jean-Claude Juncker kaum hineinreden kann - der Kommissionspräsident hat, anders als ein deutscher Kanzler, keine Richtlinienkompetenz. Die an und für sich gar nicht so wichtige Kommissions-Personalie konnte überhaupt nur wichtig werden, weil sie aufgeladen wurde mit anderen politischen Zielen - wie dem Machtkampf mit den Briten. Den hat Cameron in Brüssel zwar grandios verloren, daheim in London, in der innerparteilichen Auseinandersetzung mit den Tories und den Anti-Europäern von der Ukip, aber eher gewonnen.

Weit wichtiger als die Entscheidung für Juncker ist die europäische Beitritts-Perspektive für die Ukraine, Georgien und Moldau. Sie ist eine krachende Niederlage für Putin, eine von historischer Dimension. Das westliche Demokratie-, Toleranz- und Wohlstandsmodell ist einem nationalistischen, fortschrittsfeindlichen, neo-imperialen Staat bei Weitem überlegen. Die Ex-Sowjet-Satelliten ziehen den goldenen Westen dem rostigen Osten vor. Sie wollen Fremdbestimmung durch Selbstbestimmung ersetzen, im Kern Unfreiheit durch Freiheit.

Natürlich bedeutet das eine zusätzliche Belastung Europas, aber entscheidend ist der Aufstiegs- und Emanzipationswille der Beitrittskandidaten. Für sie wird es nun noch ein sehr weiter Weg. Ihr Votum aber heißt: Der Nationalstaat alter Prägung ist für sie erledigt. Er liegt auf dem Haufen einer unrühmlichen Geschichte.

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