Westdeutsche Allgemeine Zeitung
WAZ: Eine Atempause, aber keine Lösung - Kommentar von Andreas Tyrock
Essen (ots)
Die Einigung über die Beamtenbesoldung in NRW ist ein klassischer Kompromiss und bringt nur für den Augenblick etwas Ruhe in die Debatte. Nicht mehr und nicht weniger. Denn der Streit war lediglich der Auftakt für die harten und schmerzhaften Auseinandersetzungen, die in NRW und mutmaßlich den anderen Ländern mit Blick auf die gesetzliche Schuldenbremse spätestens ab 2015 anstehen.
Aktuell können - bis auf Richter und Staatsanwälte - alle Beteiligten mit der Einigung leben. Ministerpräsidentin Kraft brauchte nach der Klatsche vor dem Landesverfassungsgericht ein Ergebnis, das die tiefen Risse zu den Beamten und deren Vertretern ansatzweise kittet und wenigstens einen Teil der Haushaltsplanungen rettet. Statt der angestrebten 700 Millionen Euro struktureller Einsparungen sind es 220 Millionen - immerhin.
Die Beamten wollten die komplette Umsetzung der Gehaltserhöhungen und haben ein Volumen von rund 480 Millionen Euro erreicht - immerhin. Die Landesregierung muss nun entscheiden, ob sie andere Sparpotenziale ausmacht oder die Neuverschuldung erhöht. Hier deutet alles auf weitere Schulden hin; in Zeiten guter Konjunktur und niedriger Zinsen ein fatales Signal.
Doch fernab von diesen Zahlen wird es künftig um fundamentale strategische Entscheidungen gehen. NRW muss sparen, ebenso wie die anderen Bundesländer. Der Handlungsspielraum ist angesichts gesetzlicher Aufgaben (u.a. Vorgaben aus Bundesgesetzen, Zinszahlungen, Pensionslasten) gering, zugleich machen die Personalkosten den Großteil des Gesamtetats aus. Deshalb werden die Landesregierungen dort ansetzen. Die Drohpotenziale stehen bereits: Personalabbau sowie eine Entkopplung der Gehaltszuwächse von aktiven Beamten und Ruheständlern.
Hannelore Kraft hat mit ihrem harten Vorgehen manche Sympathien verloren und sich nach dem Gerichtsurteil den Spott der Opposition zugezogen. Sie hat aber zugleich den Einstieg in die öffentliche Spardebatte bei Beamten geschafft. Das dürfte eines ihrer wesentlichen Ziele gewesen sein.
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