All Stories
Follow
Subscribe to Westdeutsche Allgemeine Zeitung

Westdeutsche Allgemeine Zeitung

WAZ: Der Westen muss Putins Plan prüfen. Kommentar von Dirk Hautkapp zu Syrien

Essen (ots)

Der Befund mag vielen den Magen umdrehen: Aber in Syrien kommt das westliche Bündnis ab sofort nicht mehr an Russland vorbei. Wladimir Putin hat mit den ersten militärischen Fingerübungen an Syriens Küsten Fakten geschaffen. Moskau, nach der Ukraine-Intervention noch in die Paria-Ecke gestellt, wird voraussichtlich schon bei der UN-Vollversammlung in wenigen Tagen als Problemlöser an den weltpolitischen Verhandlungstisch zurückkehren. Bei allen berechtigten Vorbehalten gegen Putin sind zwei Aspekte festzuhalten: Aufgrund der katastrophalen humanitären Lage in Syrien und angrenzenden Ländern hat der von Präsident Obama geführte Westen gar keine andere Chance, als Putins Plan eines gemeinsamen Vorgehens gründlich zu prüfen. Und: Die Europäische Union, die gerade unter den Kollateralschäden des Versagens der Groß- und Regionalmächte in Syrien zu zerreißen droht, muss alles tun, um die Gespräche in ein konstruktives Fahrwasser zu lenken. Putins Motive sind überschaubar. Er will ein Überschwappen der dschihadistischen Bedrohung durch den IS auf dafür notorisch anfällige Regionen im Kaukasus und in Zentralasien abwehren. Er will zum anderen Syrien als einzige Einflussschneise in den Mittleren Osten nicht verlieren. Er will drittens im Verein mit Teheran den Amerikanern zuvorkommen. Dort wird im ruppigen Präsidentschaftswahlkampf 2016 erwogen, militärisch energischer in Syrien aufzutreten und womöglich doch noch eine Flugverbotszone einzurichten. Putin will der Welt beweisen, dass ohne russisches Engagement Groß-Konflikte nicht gelöst werden können. Erst Assads Massenmord am eigenen Volk hat den Aufstieg des IS beflügelt. Bleibt Assad im Amt, wird der Islamische Staat weiter wachsen. Putin weiß das. Darum wird er nicht auf Gedeih und Verderb an dem Alewiten-Herrscher festhalten. Aber er verlangt einen Preis dafür, den Schlächter (weich ins Exil) fallen zu lassen: Wiederaufnahme in den internationalen Klub. Dazu müsste Barack Obama über seinen Schatten springen und einen widerständigen Kongress mitnehmen. Die Chancen dafür stehen nicht gut. Aber man muss es ernsthaft versuchen.

Pressekontakt:

Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion@waz.de

Original content of: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, transmitted by news aktuell

More stories: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
More stories: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
  • 20.09.2015 – 18:58

    WAZ: Es droht der Kita-Kollaps. Kommentar von Tobias Blasius zu Kindergärten

    Essen (ots) - Die Alarmrufe der Kirchen und Sozialverbände scheinen nicht länger ungehört zu verhallen. Die freien Träger von Kindertagesstätten in Nordrhein-Westfalen stehen vor dem finanziellen Kollaps und drohen mit Rückzug aus der Betreuung. Die Kostenerstattung des Landes entfernt sich immer weiter vom tatsächlichen Anstieg der Betriebs- und ...

  • 18.09.2015 – 19:35

    WAZ: Schicksalswahl für Europa. Kommentar von Michael Backfisch zu Griechenland

    Essen (ots) - Wieder einmal ist es ein Schicksals-Moment für Europa: Am Sonntag wählen die Griechen. Der Wahlausgang hat Signalwirkung für die gesamte Eurozone. Die Grundfrage: Gelingt es der Währungsgemeinschaft, milliardenschwere Hilfen an einen knallharten Reformkurs zu koppeln? Und werden die Zusagen auch umgesetzt? Die EU-Regierungen haben Griechenland nach ...

  • 18.09.2015 – 19:26

    WAZ: Von Euphorie bis Schwarzmalerei. Kommentar von Stefan Schulte zu Flüchtlingen

    Essen (ots) - Zuerst begrüßte die hässliche Fratze rechter Fremdenfeinde die Flüchtlinge, dann bereiteten applaudierende, hilfsbereite Bürger Zuwanderern an den Bahnhöfen der Republik triumphale Empfänge. Aus der Gefahr durch Nazi-Übergriffe wurde über Nacht die neue deutsche Willkommenskultur. Zwischen Angst und Euphorie gab es nichts, nur schwarz und weiß. ...