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WAZ: Regierung geht bei Visa-Affäre in die Offensive: Sorgfältig inszeniert - Leitartikel von Angela Gareis

Essen (ots)

Sorgfältig inszeniert hat die Bundesregierung ihre
neue Strategie für die Visa-Affäre veröffentlicht. In der
„Bild”-Zeitung erfährt man, dass Außenminister Joschka Fischer sein
Schweigen gebrochen und erkannt hat: „Niemand ist perfekt.” In der
„Zeit” ergänzt Bundeskanzler Gerhard Schröder, dass man einander in
einer Koalition immer helfe. Und im Untersuchungsausschuss
präsentiert Rot-Grün den so heftig umstrittenen Termin für Fischers
Vernehmung, den 25. April, mitten im NRW-Wahlkampf. Die
Großoffensive, mit der die Koalition aus der Defensive steuert,
überraschte auch die Opposition, die sich trotz lauter Forderung nach
Fischers Auftritt offenkundig still auf dessen Schweigen verlassen
hatte. Das Erstaunen von FDP und CDU verrät viel über deren
Strategie: Im Schutz des ministerlichen Schweigens ließ sich die
These besser vertreten, dass mindestens Fischer früh über den
Missbrauch von Visa informiert war, womöglich auch der Kanzler, dass
eventuell die gesamte Regierung alles vertuschen wollte. Den
belastbaren Nachweis zu führen, dürfte ein schwieriges Unterfangen
sein. Leichter war es, die denkbare Masseneinwanderung von
Schwarzarbeitern mit der Massenarbeitslosigkeit zu verknüpfen und auf
die daraus entstehende Stimmung im Lande zu setzen. Um nicht
missverstanden zu werden: Fischer verantwortet ohne Zweifel
Versäumnisse, die eine illegale Zuwanderung in unbekanntem Ausmaß
erleichtert haben. Die Opposition aber wird sich vielleicht den
Vorwurf gefallen lassen müssen, im Untersuchungsausschuss ungefähr so
viel Stimmung wie Wahrheit produziert zu haben. Das liegt zwar in der
Natur eines solchen Ausschusses, aber nicht jeder schätzt es, wenn
mit Ängsten Politik betrieben wird. Ob die Opposition überzogen hat,
wird sich zeigen. Dass Fischer noch vor der Wahl in NRW aussagt,
könnte die Ausschussarbeit angenehm versachlichen.

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