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WAZ: Holocaust-Mahnmal in Berlin eingeweiht: Ort der Hoffnung - Leitartikel von Hendrik Groth

Essen (ots)

Der Dramatiker Rolf Hochhuth irrt. Ebenso der
Schriftsteller Rafael Seligmann. Das Holocaust-Mahnmal verlängert
nicht das Schweigen über den von Deutschen begangenen industriellen
Massenmord an den Juden. Da liegt Hochhuth falsch. Und die Kritik
Seligmanns, es gebe mit Buchenwald oder Dachau authentischere
Gedenkorte als das Mahnmal im Herzen Berlins, mag stimmen, blendet
aber völlig aus, dass Deutschland ein Konzept braucht, das dauerhaft
gegen Verdrängung schützt. Inmitten der Hauptstadt steht nun ein
Mahnmal, über das fast zwei Jahrzehnte heftig gestritten wurde. Kein
schlechtes Zeichen für den Zustand unseres Gemeinwesens. Wer
debattiert, muss sich Fakten stellen. Alleine deshalb war die
heftige, teils beleidigende, teils überzogene Diskussion über das Für
und Wider Gewinn bringend. Aber die vergangenen Monate zeigen auch,
dass fast wie in den 50er Jahren eine Tendenz vorherrscht, statt
Geschichte zu erklären, Geschichten einzelner zu erzählen. Auf einmal
nimmt die Zahl der Opfer zu, die der Täter nimmt rasant ab. So sehr
Einzelschicksale bewegen mögen, sie sind ungeeignet, einen
Gesamtkontext begreifbar zu machen. Deshalb braucht die Republik das
Mahnmal in Berlin. Es dokumentiert das zentrale Böse des
Nationalsozialismus', es dokumentiert den Antisemitismus, den
Judenhass. Die Deutschen kannten diese Wahnlehre, sie folgten ihr
trotzdem. Am Judenmord waren hunderttausende beteiligt, viel mehr
wussten davon. Deshalb macht das Stelenfeld Sinn. Es zwingt dazu,
sich der Geschichte zu stellen. Dass es unterschiedlich wahrgenommen
wird, ist gut. Es wird auf jeden so individuell wirken, wie es jedes
der Opfer war. Und auf diese Weise wird ein abstraktes Kunstwerk zu
einer Stelle der Erinnerung, bei der jedem einzelnen Ermordeten sehr
persönlich gedacht werden kann. Es kann, wie es sich Architekt Peter
Eisenman wünscht, zu einem „Ort der Hoffnung” werden.

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